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Gesellschaft

Steigender Lebensstandard, aber auch steigende Diskriminierung

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Einwanderer profitieren zwar von ihrer Migration nach Deutschland, werden aber im Vergleich zu alteingesessenen Bewohnern des Landes benachteiligt und vielfach Opfer von Diskriminierung. Dies bestätigt eine Studie der Bundesregierung. (Foto: dpa)

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Zwar gab es immer schon Einwanderer und Menschen, die Deutschland verlassen haben. Einwanderungsströme in und aus Deutschland bestimmen jedoch im besonderen Maße die jüngsten einhundert Jahre der Geschichte. Europa ist in Zeiten einer steten Globalisierung zum Ziel einer wachsenden Migrationsbewegung geworden. Die neue Situation bedarf neuer Verhaltensmuster und Antworten auf Fragen, die bis vor kurzem noch nicht existierten.

Ohne Zweifel zwingt Einwanderung einen Staat zum Handeln. Doch die gescheiterte „Integrationspolitik“ der 1960er und 1970er Jahre zeigt: Oft wissen die Behörden nicht, was zu tun ist, um Einwanderer adäquat aufzunehmen und an der Gemeinschaft teilhaben zu lassen.

Einwanderer in Deutschland erfolgreich

Um die drängendsten Fragen und Notwendigkeiten zu klären, gab die Bundesregierung die Langzeitstudie „Leben, lernen, arbeiten – wie geht es Migranten in Deutschland?“ beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsordnung (DIW) in Auftrag. Das auf den ersten Blick ermutigende Ergebnis: Der Studie zufolge sind Einwanderer in Deutschland äußerst erfolgreich.

Das Durchschnittskommen eines Einwanderers liegt in Deutschland etwa doppelt so hoch wie das Einkommen im Herkunftsland. Diese Erkenntnis ist jedoch nur vordergründig positiv zu bewerten. In der Tiefe beweist sie das Gegenteil: Denn auch wenn Migranten hierzulande das Doppelte verdienen, sind doch die Kosten für den Lebensunterhalt und die Unterbringung in Deutschland im Vergleich zu ihren Ex-Heimatländern ebenfalls doppelt so hoch.

Einwanderer leben an der Armutsgrenze

Mit einem nominellen Durchschnittseinkommen von 1273 Euro liegen Einwanderer nahe an der Armutsgrenze. Nicht zu vergessen: Dies ist nur ein Durchschnittswert, viele Migranten leben in Deutschland also tatsächlich unterhalb der Armutsgrenze von etwa 940 Euro monatlich.

Überdies seien der Studie zufolge Einwanderer in Deutschland zufriedener als Deutsche. Die Zufriedenheit steige der Studie zufolge, wenn soziale Kontakte zu alteingesessenen Deutschen bestehen. Dies sei bei drei Vierteln der seit 1995 zugezogenen Menschen der Fall.

Außerdem erstaunlich: Menschen mit sehr guten Kenntnissen der deutschen Sprache erzielen rund 20 Prozent mehr an Einkommen als Menschen mit lediglich ausreichenden Sprachkenntnissen.

Diskriminierung verstärkt bei Türkischstämmigen

Dennoch gab gut die Hälfte der rund 5000 im Rahmen der Studie Befragten an, in Deutschland aufgrund ihrer ausländischen Wurzeln diskriminiert zu werden. Die befragten Personen kamen zu 23 Prozent aus der EU, zu 30 Prozent aus Südosteuropa (Albanien, Türkei und die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens ohne Slowenien und Kroatien), zu 21 Prozent aus der früheren Sowjetunion (ohne die baltischen Staaten) und 12 Prozent aus arabischen und anderen muslimischen Staaten.

Insbesondere türkischstämmige Einwanderer und Menschen aus anderen muslimischen Ländern fühlten sich in ihrem Alltag in der Bundesrepublik häufig benachteiligt und ungerecht behandelt. Einwanderer aus den Mitgliedsstaaten der EU fühlten sich hingegen kaum oder gar nicht diskriminiert.

Damit bleibt das Thema Diskriminierung aktuell. Die Studie bestätigt, dass diskriminierende Erfahrungen für die Zufriedenheit der Einwanderer einen negativen Effekt haben. Dennoch würde daraus nicht zwangsläufig eine gesteigerte Hinwendung zu den ehemaligen Heimatländern resultieren.

„Diskriminierung darf nicht weiterhin stattfinden“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, vor Veröffentlichung der Studie am Freitag. „Die Politik steht in der Pflicht, die Diskriminierung von Migranten auf dem deutschen Arbeitsmarkt abzubauen.“ Für Einwanderer solle gelten: „Leistung muss sich lohnen.“