Festnahme İmamoğlus: Der alte Mann hat Angst

Der türkische Präsident setzt seinen ärgsten Widersacher fest. Dahinter steckt die Furcht, bei der Präsidentschaftswahl 2028 gegen ihn zu verlieren. Obwohl noch nicht mal klar ist, ob er selbst nochmal antreten darf. Mit seiner Angst treibt Erdoğan die Türkei weiter in die Autokratie.
Tausende Menschen auf den Straßen, eine abstürzende Landeswährung, ein verheerendes Medienecho und eine verunsicherte Opposition: Präsident Recep Tayyip Erdoğan zeigt der Türkei wieder einmal, wer die gesamte Macht auf sich vereint. Mit der Festnahme des beliebten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu offenbart er aber auch eine bislang eher unbekannte Seite: seine Angst.
Und die ist berechtigt, hatte İmamoğlu bei den vergangenen Kommunalwahlen in Istanbul doch säkulare Türken und Kurden, Konservative und Progressive hinter sich vereint. Sogar Teile von Erdoğans Stammwählerschaft, konservative Muslime, ließen sich von dem aufgeräumten Mittfünfziger überzeugen.
Brandmarke „Terrorverdacht“
Dabei überstand der Oppositionsmann immer neue Repressionen aus Ankara, führte unbeirrt und mit Erfolg die Amtsgeschäfte in Istanbul. Mit seiner Festnahme und der Brandmarke „Terrorverdacht“ ist das nun vorbei: İmamoğlu sitzt seit gestern in Haft, wie so viele Oppositionelle vor ihm.
Kurz vor wichtiger Entscheidung: Türkische Justiz nimmt İmamoğlu fest
Seine Festnahme erfolgte einen Tag, nachdem ihm die Universität Istanbul seinen Abschluss aberkannt hatte. Sollte dieser Entscheid Bestand haben, wäre er ohnehin von einer Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen worden. Erdoğan schafft also Tatsachen und einen doppelten Boden.
„Terrorverdacht“ und ein fehlender Uniabschluss, das übersteht nicht einmal der beliebteste Gegner. Die Wahl 2028 wird damit zur Farce. Umso näher der Urnengang rückt, umso älter und schreckhafter erscheint Erdoğan. Ihn treibt wenig mehr an, als der Erhalt seiner Macht. Komme, was wolle.