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Gesellschaft

Verhaftungen in der Türkei: Drei Monate junges Baby Enis muss ohne Eltern aufwachsen

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Der kleine Enis muss mit nur drei Monaten ohne seine Eltern klarkommen. Die türkische Regierung kennt weiterhin keinerlei Gnade in Sachen Gülen-Bewegung. Foto: DTJ
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Spätestens seit dem Putschversuch im Juli 2016 betreibt die türkische Regierung eine systematische Verfolgung der Gülen-Bewegung, die in ihren Strukturen längst zerschlagen ist. Noch immer werden aber tatsächliche oder vermeintliche Sympathisanten oder Anhänger verhaftet, zu oft werden Kinder und sogar Neugeborene in Mitleidenschaft gezogen.

Drei Monate alt und schon ohne Eltern. Könnten kleine Babys selbst entscheiden, ob sie tatsächlich auf diese Welt tatsächlich kommen wollen oder doch nicht, wäre es wohl eine relevante Information, ob sie sich auf ihre Eltern verlassen können. In einigen Fällen wachsen Kinder ohne ihre Eltern auf, weil diese schlicht und ergreifend früh sterben oder aus persönlichen Gründen nicht für ihre Kinder da sein können oder wollen.

Von solchen Dramen können Jugendämter zahlreiche Geschichten erzählen. Doch was in der Türkei vor sich geht, sucht in den meisten anderen Ländern seinesgleichen. Denn dort werden teils einfache Hausfrauen aus unerklärlichen Gründen als Terroristen abgestempelt und für viele Jahre inhaftiert. Es reicht, wenn der türkische Staat annimmt, dass es sich bei ihnen um sogenannte Gülenisten handelt.

Erdoğan: Hoffnung der Unterdrückten und Unterdrücker höchstpersönlich

Für die einen ist Recep Tayyip Erdoğan der Heilsbringer, der neue Anführer der islamischen Welt, die Hoffnung der Unterdrückten, wie ihn einige seiner Anhänger bezeichnen. Für die anderen ist der türkische Präsident ein Unterdrücker par excellence, der Kinder von ihren Müttern trennt und Menschen, deren Schuld nicht bewiesen ist, in Haft steckt, nur weil er die Gülen-Bewegung persönlich hasst.

Um mit der Bewegung um Fethullah Gülen, die er schon zuvor zum Feindbild erklärt hatte, abzurechnen, brauchte Erdoğan nur noch einen Grund. Denn seine Bemühungen, eine „unbewaffnete Terrororganisation“ juristisch zu definieren, um die Gülenisten dingfest zu machen, waren viele Jahre erprobt und doch gescheitert. So kam wie aus dem Nichts der klägliche Putschversuch, den Präsident Erdoğan als „Gottes Segen“ bezeichnete und seither als Steilvorlage für seinen Exzess gegenüber der Gülen-Bewegung unverhohlen nutzte, indem er die Justiz dafür instrumentalisiert.

Drei Monate altes Baby ohne Eltern

Wie sich das in der Praxis äußert, erleben nun die jungen Eltern Sümeyye und Zarif T. Seit wenigen Monaten sind sie Mutter und Vater. Ihr Baby heißt Enis, es ist ein Junge. Der Mutter wird vorgeworfen, ein vermeintliches Mitglied der Gülen-Bewegung zu sein. Dabei liegen keine Beweise dafür vor, ausschließlich die Zeugenaussagen von einstigen Klassenkameradinnen, die ihre Aussagen auch zurückgezogen haben.

Zunächst hatte ein Gericht sie freigesprochen. Doch auf Drängen der Staatsanwaltschaft wurde Sümeyye T. nun erneut verhaftet. Damit ihr Baby nicht auch ins Gefängnis muss, hat sie ihr Liebstes ihrer Schwester übergeben. Diese berichtete türkischen Medien, dass das Baby erstmals mit Babynahrung ernährt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der drei Monate alte Säugling Muttermilch bekommen.

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Nun ist das in der Türkei längst keine ungewöhnliche Nachricht mehr, zahlreiche Mütter sind mit ihren Kindern inhaftiert. Unter Präsident Erdoğan, seinen strategischen Partnern Devlet Bahçeli und Doğu Perinçek, ist die Hölle für Gülenisten ausgebrochen. Kein zweites Land auf dieser Welt geht so gegen die Bewegung vor. Ihre Aktivitäten fallen in keinem Rechtsstaat in die Sphären der Illegalität.

In der Türkei hingegen ist die Gülen-Bewegung zerschlagen und strukturell nicht mehr existent. Doch jegliche menschliche Hilfe für Menschen, die einst mit ihr zu tun hatten, wird bestraft. So wurde beispielsweise der Vater des kleinen Enis ein zweites Mal verhaftet, weil er nach seiner Freilassung Personen aus dem Netzwerk unterstützt haben soll. Wann Enis seine Eltern dauerhaft wieder sieht, ist unklar. Es könnte Monate, wahrscheinlich aber auch Jahre dauern.

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