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Panorama

„Hochgradig peinlich“: Hildmann hat doch keinen türkischen Pass

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Der rechtsradikale Verschwörungserzähler Attila Hildmann wird seit Monaten per Haftbefehl gesucht. Zunächst hieß es von der Berliner Staatsanwaltschaft, dieser könne nicht vollstreckt werden. Nun stellt sich das anders dar.

Der mit Haftbefehl gesuchte rechtsradikale Verschwörungserzähler Attila Hildmann könnte doch nach Deutschland ausgeliefert werden. Anders als zunächst von der Berliner Staatsanwaltschaft angenommen, besitzt Hildmann nur die deutsche Staatsbürgerschaft, wie Behördensprecher Sebastian Büchner sagte. Zuvor hatte der „Stern“ darüber berichtet.

Die Staatsanwaltschaft gehe seit vergangenen April davon aus, dass Hildmann nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitze. Nachfragen bei türkischen Behörden und weitere Ermittlungen etwa durch das Bundeskriminalamt führten laut Büchner im vergangenen Juni dazu, dass der internationale Haftbefehl angepasst wurde.

Deutsche Behörden: Angelegenheit „hochgradig peinlich“

Die Fahndungsmaßnahmen seien erweitert worden. Der Sprecher ließ indes offen, ob die Bundesregierung inzwischen ein Auslieferungsgesuch an die Türkei gestellt hat. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete die Angelegenheit als „hochgradig peinlich“.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit längerem gegen Hildmann, der sich selbst als „ultrarechts“ und Verschwörungsprediger bezeichnet, wegen Volksverhetzung, des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Überprüfung dauert Jahre

Der frühere Autor veganer Kochbücher war seit den ersten Monaten der Corona-Pandemie im Messengerdienst Telegram mit immer unverhohlenerem Judenhass aufgefallen. Seit Ende Dezember 2020 ist er auf der Flucht und hält sich in der Türkei versteckt. Zunächst hieß es, ein Haftbefehl gegen ihn könne nicht vollstreckt werden, weil Hildmann auch die türkische Staatsbürgerschaft besäße.

Daran gab es aber Zweifel, so dass die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben die Berliner Senatsinnenverwaltung einschaltete. Die Daten des Melde- und Personalausweisregisters hätten sich nicht als ergiebig erwiesen, hieß es. Es seien weder ein türkischer Pass noch ein türkischer Personalausweis im Melderegister gespeichert.

Zu später Kontakt zu türkischen Behörden

Hildmann wurde in West-Berlin als Kind türkischer Eltern geboren, wuchs aber bei deutschen Adoptiveltern auf. Laut Staatsanwaltschaft ist nicht auszuschließen, dass die Staatsangehörigkeit damals erfasst wurde. Als Hildmann 2013 einen Personalausweis beantragt habe, habe er angegeben, die türkische Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben zu haben, so Büchner.

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Die Personalausweisbehörde habe damals keine Nachforschungen für erforderlich gehalten, weil sich keine Zweifel am Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit ergaben. „Auch Nachforschungen zur Belastbarkeit der im Melderegister erfassten türkischen Staatsangehörigkeit erschienen dort nicht geboten, weil sich die Angaben des Antragstellers mit den im Melderegister gespeicherten Daten glichen“, erklärte er.

Ermittlungsdaten gestohlen

Die GdP kritisierte das Vorgehen: „Wir hätten erwartet, dass man sich nicht mit einfachen Aussagen zur Staatsangehörigkeit zufrieden gibt und derart narren lässt, sondern akribisch ermittelt und auch mit länderübergreifender Zusammenarbeit intensiv an der Vollstreckung des internationalen Haftbefehls arbeitet“, erklärte Sprecher Benjamin Jendro.

„Wir mussten uns erstmal auf das deutsche Melderegister verlassen, um einen Haftbefehl beantragen zu können“, meinte dazu der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Als Zweifel aufgekommen seien, seien die türkischen Behörden kontaktiert worden. Ende März 2022 sei über Interpol Ankara mitgeteilt worden, dass der Beschuldigte dort unter den angefragten Personalien nicht im Register erfasst sei.

Zuletzt hatte im vergangenen November für Schlagzeilen gesorgt, dass Hildmann von einer ehemaligen Mitarbeiterin der Berliner Justiz interne Informationen zu Ermittlungen gegen ihn erhalten haben soll. Die Ermittlungen dazu liefen noch, erklärte Büchner. Es müssten vor allem noch Daten ausgewertet werden.

dpa/dtj

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