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Gesellschaft

Schnellere Visa-Verfahren für Erdbeben-Überlebende: Was Deutschland jetzt vorhat

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Die Bundesregierung hat eine „pragmatische Lösung“ für Visa für Überlebende der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien in Aussicht gestellt. Grünen- und SPD-Abgeordnete von Bund und Ländern hatten Möglichkeiten gefordert, mit denen Betroffene kurzfristig unbürokratisch bei Verwandten in Deutschland unterkommen können. Als Angehörige von Drittstaaten benötigen die Betroffenen zur Einreise in den Schengen-Raum ein Visum.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte am Freitag in Berlin, man arbeite eng mit dem Bundesinnenministerium zusammen, „um für diese Fälle sehr schnell eine pragmatische Lösung zu ermöglichen“. Viele Mitglieder der türkischen Community in Deutschland wollten betroffene Angehörige vorübergehend aufnehmen. „Es ist jetzt gerade unsere Aufgabe, zu schauen, wie wir das ermöglichen können.“ Visa-Erleichterungen könne sie allerdings nicht in den Raum stellen, so die Sprecherin. Es seien relativ viele Aspekte zu berücksichtigen, etwa ob die Betroffenen noch einen Pass hätten und wie sie ein Visum bekommen könnten.

Laut dem Auswärtigen Amt verfallen bestätigte Termine im Visumantragszentrum Gaziantep nicht. Das Zentrum ist selbst vom Erdbeben betroffen. Die Termine könnten in einem anderen Zentrum in der Türkei wahrgenommen werden. Antragstellende aus Syrien könnten sich angesichts der Schließung der Botschaft Damaskus weiter an die Vertretungen etwa in Beirut, Jordanien oder Istanbul wenden. Details zur Visumsverfahrensvereinfachung und Antworten auf die häufigsten Fragen zum Visum beantwortet das Auswärtige Amt auf seiner Website, die fortlaufend aktualisiert wird.

Für rasche Möglichkeiten stark gemacht hatten sich etwa Baden-Württembergs Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), der hessische Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel (SPD) und der Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoğlu (SPD). Auch Bundesagrarminister Cem Özdemir dringt auf rasche Einreise-Erleichterungen, damit Betroffene des schweren Erdbebens in der Türkei und Syrien nach Deutschland kommen können. „Viele Menschen in Deutschland haben Verwandte in der Katastrophenregion und sorgen sich verzweifelt um sie“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sollten es ihnen ermöglichen, Angehörige aus der Türkei oder Syrien vorübergehend bei sich aufzunehmen.“ Dafür sollten Einreisebedingungen schnell und pragmatisch angepasst werden. „Überlebensnotwendige Hilfe darf nicht an kurzfristigen Visa-Erleichterungen scheitern“, sagte Özdemir. „Viele Überlebende haben alles verloren. Wir sollten alles in unserer Macht Stehende tun, um zu helfen.“

Berlin verzichtet auf Nachweis von Deutschkenntnissen

Auch der Berliner Senat will Opfern der Erdbeben, die Verwandte in Berlin haben, die Einreise nach Deutschland erleichtern. Das kündigte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag an. Vom Erdbeben betroffene Türken und Syrer, die zu ihren Verwandten in Berlin ausreisen möchten, sollen schneller als sonst das nötige Visum erhalten können. Dazu erließ die Berliner Senatsinnenverwaltung eine sogenannte Globalzustimmung. Die sonst erforderliche Beteiligung des Berliner Landesamtes für Einwanderung entfalle dadurch.

Spranger teilte mit: „Ich hoffe, dass damit die Auslandsvertretungen zügig die notwendigen Schritte in der Visavergabe unternehmen.“ Die Regelung solle für Türken, Syrer und andere Menschen aus dem Erdbebengebiet gelten, wenn sie Verwandte sind von in Berlin lebenden Deutschen oder Ausländern mit einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt in der EU. Berlin verzichte außerdem auf den Nachweis von Deutschkenntnissen.

Die Regelung betreffe nahe Angehörige wie minderjährige Kinder und Ehepartner und -partnerinnen, teilte die Senatsinnenverwaltung mit. Sie gelte für besonders vom Erdbeben betroffene zehn türkische und fünf syrische Provinzen. Die Beschleunigung der Visa-Erteilung gelte demnach bis zum 31. Juli 2023. „Die Angehörigen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis.“

Unklar blieb, auf welchem Weg die Menschen nach Berlin kommen könnten, wer die Reise bezahlt und wo sie in Berlin untergebracht werden, weil es wegen der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine ohnehin schon zu wenige Unterkünfte gibt.

Rechtsanwalt startet Petition für Visafreiheit

In der Zwischenzeit hat Engin Şanlı, ein Rechtsanwalt aus Stuttgart, eine Petition für Visafreiheit für türkische Staatsangehörige gestartet. Aktuell wurde sie bereits von mehr als 5.700 Menschen unterschrieben (Stand: 12.02.2023). „Die momentan geltende Rechtslage, wonach Personen aufgrund des Erdbebens nach Deutschland ausreisen können, ist nicht ausreichend. Insbesondere ist es so, dass viele Personen über keine Reisepässe verfügen. Weiter ist es so, dass kurzfristige Termine bei den deutschen Botschaften weiterhin nicht möglich sind“, schreibt Şanlı in der Petitionsbeschreibung.

Zwischen Deutschland und der Türkei bestehe „eine große Verbundenheit“. Ganz viele Menschen in der Türkei bräuchten nun Hilfe. Darüber hinaus seien die Witterungsbedingungen sehr schlecht. Es gebe viele Personen, die aufgrund des Erdbebens auf sich allein gestellt sind, heißt es weiterhin auf der Website.

dpa/dtj

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