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Politik

Staatsbesuch in der Türkei abgesagt: Irans Präsident kommt nach Terrorattacke nicht

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03.01.2024, Teheran: Eine Frau hält ein Poster des 2020 im Irak getöteten Qassem Soleimani, General der Revolutionsgarden, während einer Gedenkfeier für ihn in der großen Imam-Khomeini-Moschee. Foto: Vahid Salemi/AP/dpa
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Nach der Terrorattacke in der Stadt Kerman mit mehr als 80 Toten hat Irans Präsident Ebrahim Raisi seinen ersten Staatsbesuch in der Türkei abgesagt. Die Suche nach den Tätern und den Hintergründen hält an.

Die eigentlich für Donnerstag geplante Reise nach Ankara werde aufgrund der derzeitigen Lage verschoben, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna am Mittwoch auf Telegram. Am Todestag des mächtigen iranischen Generals Qassem Soleimani wurden in dessen Heimatstadt Kerman am Mittwoch bei zwei Explosionen mehr als 80 Menschen getötet und 284 verletzt.

Die Hintergründe sind noch unklar. Die Regierung in Teheran sprach von einer Terrorattacke, ebenso die Bundesregierung und die EU. Auch am Donnerstag reklamierte allerdings keine Gruppe den Anschlag für sich. Experten hielten es für denkbar, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) dahinter stecken könnte. Die US-Regierung wies Unterstellungen zurück, in die Attacke verwickelt zu sein. Und man habe auch keinen Grund zur Annahme, dass Israel beteiligt war, hieß es.

Der Anschlag erfolgte inmitten gefährlicher Spannungen im Nahen Osten: Irans Erzfeind Israel führt Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen und ist mit vom Iran unterstützten Milizen wie der Hisbollah im Libanon konfrontiert.

Zahl der Todesopfer zunächst höher angegeben

Es war der Anschlag mit den meisten Opfern in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. Behördenvertreter hatten die Zahl der Todesopfer von zunächst 105 zweimal nach unten korrigiert. Dschafar Miadfar, Chef des Rettungsdienstes, begründete die Verwirrung um die Opferzahlen mit dem verheerenden Zustand einiger Leichen.

Am Donnerstag galt in dem Land mit fast 90 Millionen Einwohnern Staatstrauer. Irans diplomatische Vertretungen im Ausland ließen die Flaggen auf Halbmast hissen, so auch die Botschaft in Berlin. Die Beisetzung der Todesopfer soll Freitag sein, auf einem Märtyrerfriedhof. Rund zwei Drittel der Opfer seien inzwischen identifiziert, sagte der Gouverneur der Provinz laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.

Irans Staatsführung verurteilte die Attacke aufs Schärfste, vermied aber Schuldzuweisungen. Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei und Präsident Raisi kündigten eine entschiedene Reaktion an. Innenminister Ahmad Wahidi veröffentlichte Erkenntnisse der ersten Ermittlungen, nachdem er die Anschlagsorte besucht hatte. Unter anderem seien die Überreste der beiden Sprengsätze untersucht worden, die im Abstand von 20 Minuten detoniert waren.

Spekulationen über IS und Israel

Schon in der Vergangenheit hatten die sunnitischen Extremisten der IS-Miliz Anschläge im Iran für sich reklamiert. Der IS betrachtet die im Iran vorherrschende schiitische Bevölkerungsmehrheit als Abtrünnige des Islam und verachtet sie. Die Schia, die kleinere der beiden großen Strömungen im Islam, ist Staatsreligion der Islamischen Republik. Ein regionaler Ableger des IS ist im Nachbarland Afghanistan aktiv.

Kerman ist die Heimat Soleimanis, dem früheren Kommandeur der Auslandseinheiten der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn am 3. Januar 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Von systemtreuen Regierungsanhängern wird er als Märtyrer verehrt. Die Explosionen vom Mittwoch ereigneten sich, als Menschenmassen durch die Straßen der Provinzhauptstadt zu Soleimanis Grabstätte pilgerten.

Einflussreiche Hardliner machten unterdessen Israel für die Explosionen verantwortlich. Es gebe viele Gründe anzunehmen, !dass die Zionisten (Israel) in die terroristischen Explosionen verwickelt waren“, hieß es in einem am Donnerstag publizierten Leitartikel der erzkonservativen Zeitung „Keyhan“. Die Autoren forderten schnelle Rache für die Attacke. Andernfalls könnte sich ein Anschlag in der Hauptstadt Teheran wiederholen, lautete eine Warnung in dem Artikel.

dpa/dtj