Flucht/Migration
Syrien vor Neubeginn: Die Forderungen und Sorgen der Türkei
Seit 2024 regierte Baschar al-Assad Syrien, nun ist er nicht mehr da. Damit endet auch vorerst ein blutiger Krieg. In Ankara blickt man gespannt auf die dynamische Lage im Nachbarland, insbesondere mit Blick auf die vielen Flüchtlinge, die nun zurückkehren könnten, aber auch auf die kurdischen Milizen jenseits der Grenze, deren Erstarken man verhindern will.
Nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad hat die Türkei die internationale Gemeinschaft aufgerufen, Syrien bei einem geordneten Übergang zu unterstützen. „Heute gibt es Hoffnung. Syrien kann das nicht alleine schaffen. Die internationale Gemeinschaft muss das syrische Volk unterstützen“, erklärte der türkische Außenminister Hakan Fidan am Sonntag auf einem politischen Forum in Doha. Die Türkei werde gemeinsam mit den Nachbarländern am Wiederaufbau arbeiten und mit der neuen Regierung kooperieren. „Die neue Administration muss inklusiv sein und Minderheiten schützen. Die territoriale Integrität Syriens muss erhalten bleiben“, fügte Fidan hinzu.
Sorge vor Machtgewinn von Kurdenmilizen und dem IS
Die Türkei beobachtet die Lage in Syrien genau und warnte vor möglichen Gefahren durch die Kurdenmiliz YPG sowie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). „Die Türkei wird nicht zulassen, dass die YPG von der Situation profitiert“, so Fidan. Die Türkei sieht die YPG als Ableger der PKK, die seit Jahrzehnten gegen den türkischen Staat kämpft und deswegen als Terrororganisation eingestuft ist.
Für die USA hingegen ist die YPG ein wichtiger Partner im Kampf gegen den IS. Man stehe mit den USA diesbezüglich in Kontakt und werde das Thema auch beim zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump ansprechen, sagte der türkische Außenminister. Fidan betonte zudem, dass die Türkei aktiv gegen den IS vorgehen werde, sollte die Gruppe versuchen, die aktuelle Lage in Syrien auszunutzen.
Assad-Diktatur vorbei: Was wird jetzt aus Syrien und den syrischen Flüchtlingen weltweit?
Syrische Flüchtlinge feiern in der Türkei
In der Türkei, die seit Beginn des Bürgerkriegs die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen hat, sorgte das Ende der Assad-Herrschaft derweil wie in Deutschland für große Freude. Geflüchtete versammelten sich unter anderem vor der Fatih-Moschee in Istanbul und in der Grenzstadt Gaziantep, um den Sturz des syrischen Machthabers zu feiern. Viele schwenkten dabei Flaggen der Opposition. Einige türkische Bürger regten sich derart darüber auf und forderten Versammlungserlaubnisse, dass die Polizei einschreiten musste.
Derzeit leben laut UN-Angaben rund drei Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei, von denen viele aus Aleppo stammen. Rund 240.000 Syrer sollen inzwischen die türkische Staatsbürgerschaft erhalten haben. Zahlreiche Kinder syrischer Geflüchteter wurden in der Türkei geboren und kennen Syrien nur aus Erzählungen.
Die Akzeptanz syrischer Flüchtlinge in der Türkei hat in den letzten Jahren stark abgenommen, was Präsident Recep Tayyip Erdoğan innenpolitisch unter Druck gesetzt hat. Erdoğan hat mehrfach angekündigt, dafür sorgen zu wollen, dass ein Teil der syrischen Geflüchteten in ihre Heimat zurückkehren kann. Beobachter gehen deswegen davon aus, dass die Türkei den Vormarsch der Rebellen in den letzten beiden Wochen im Hintergrund unterstützt hat.
dpa/dtj