Tragischer Selbstmord: Imam nach umstrittener Entlassung tot aufgefunden
Ein türkischer Imam nimmt sich nach seiner umstrittenen Entlassung das Leben. In der Türkei ist darüber eine Debatte über die türkische Religionsbehörde Diyanet entbrannt.
In der türkischen Stadt Balıkesir ereignete sich am Mittwoch ein tragischer Vorfall, der die Gemeinde erschütterte. Der Imam Mehmet D. nahm sich das Leben. Der Grund für den Suizid soll eine umstrittene Untersuchung durch die Religionsbehörde Diyanet sein. Der Vorwurf: vermeintliche Verstöße gegen die Tradition.
D. geriet ins Visier der Behörden, weil er Fahrrad und Motorrad fuhr, und sich weigerte, die traditionelle Amtstracht, die sogenannte Cübbe, zu tragen. Diese angeblichen Verstöße führten zu seiner Entlassung. Kurz darauf legte er Beschwerde beim Verwaltungsgericht Balıkesir ein, die positiv beschieden wurde. Das Gericht entschied, dass ihr wieder eingestellt werden müsse.
Ehefrau fordert Gerechtigkeit
Doch die Diyanet-Behörde setzte die Entscheidung nicht um. D. zog vors Verfassungsgericht. Inmitten dieses Prozesses nahm sich der Vorbeter nun das Leben. Sein Selbstmord erschüttert nicht nur die religiöse Gemeinschaft, sondern beschäftigt nun auch die türkische Öffentlichkeit. Gerechtigkeit und Transparenz von Entlassungsverfahren im religiösen Sektor werden aktuell heiß diskutiert.
Die genauen Gründe für seinen Suizid werden derzeit in einer offiziellen Untersuchung geklärt. Er soll einen Abschiedsbrief hinterlassen haben. Bekannte und Angehörige bestätigten aber bereits, dass D. unter dem Druck litt. Seine Ehefrau, Zeynep D., fordert Gerechtigkeit und kritisiert die Verantwortlichen, insbesondere Diyanet-Chef Ali Erbaş. Außerdem wurden Forderungen nach einer gründlichen Untersuchung der internen Strukturen der Diyanet laut. Ähnliche tragische Fälle sollen in Zukunft verhindert werden.
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