Menschenrechte Politik

„Treffen der Gerechtigkeit“: 5.000 demonstrieren in Straßburg gegen Repression in der Türkei

  • Juni 27, 2025
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„Treffen der Gerechtigkeit“: 5.000 demonstrieren in Straßburg gegen Repression in der Türkei

Tausende Menschen aus Europa, mehrheitlich aus dem Umfeld der Gülen-Bewegung, forderten vor dem Europarat in Straßburg die Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei – und kritisierten das Ignorieren internationaler Gerichtsurteile durch Ankara.

Am Mittwoch versammelten sich rund 5.000 Menschen aus mehreren Ländern vor dem Gebäude des Europarats in Straßburg, um dort ein „Treffen der Gerechtigkeit“ abzuhalten. Die meisten der Teilnehmenden, von denen viele aus Deutschland, Großbritannien oder den Niederlanden angereist waren, gehörten der Gülen-Bewegung an, die sich selbst als „Hizmet“ bezeichnet.

Die Teilnehmer prangerten den willkürlichen Umgang der Regierung in Ankara mit der zivilgesellschaftlichen Bewegung an, die in ihren Augen gewaltfrei ist. Anders sieht das die türkische Führung, die ihr vorwirft, terroristische Strukturen gebildet zu haben. Unter anderem protestierten sie dagegen, dass Ankara sogar Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ignoriert. Solidarität bekundeten sie jedoch auch gegenüber anderen politischen Gefangenen in der Türkei.

Briefe an Generalsekretär des Europarates übergeben – Hashtag landet in X-Trends

Die Kundgebung fand die Aufmerksamkeit lokaler Medien. Auf der Kurznachrichtenplattform X schaffte es der Hashtag #StrazburgAdaletBuluşması in Deutschland in die Trends. Der Generalsekretär des Europarats, Alain Berset, und dessen Menschenrechtskommissar, Giancarlo Cardinale, führten mit den Demonstranten vor dem Gebäude Gespräche.

Der Koordinator der Hizmet-nahen Organisation „Kollektive Verteidigung der Menschenrechte“, Rumi Ünal, übergab an beide Vertreter der internationalen Organisation zwei Briefe. In diesen informierte die Organisation über die Repression in der Türkei und über die dortige Missachtung von EGMR-Urteilen.

Die Teilnehmenden an der Kundgebung führten gelbe Transparente, Plakate und Luftballons mit sich. Einige trugen auch Masken. Auf vielen Plakaten waren Opfer der Verfolgung Oppositioneller durch die Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu sehen. Einige zeigten beispielsweise den jüngst inhaftierten Oberbürgermeister von Istanbul, Ekrem İmamoğlu. Andere zeigten der breiten Öffentlichkeit unbekannte Menschen, von denen einige in der Haft starben.

Redner prangern Imamoğlu-Verhaftung und Mädchenprozess an

Auf einer Bühne auf der Avenue de l’Europe gab es Redebeiträge. Ein Teilnehmer war in ein Pikachu-Kostüm geschlüpft – eine Referenz an einen Demonstranten gegen die Imamoğlu-Inhaftierung in der Türkei, der ebenfalls dieses Kostüm trug.

Eine junge Frau las die Namen von Menschen vor, die in Prozessen aufgrund von fadenscheinigen Anschuldigungen angeklagt oder verurteilt wurden. Unter ihnen auch die Betroffenen des berüchtigten Mädchenprozesses, wo teilweise junge Frauen im Teenageralter zu „Terroristen“ gestempelt wurden.

Eine weitere Teilnehmerin forderte in einem Redebeitrag vom Europarat, dessen Mitglied die Türkei ist, stärkeren Druck auf die Führung in Ankara auszuüben, um das willkürliche Vorgehen gegen Regierungskritiker zu beenden.

„Treffen der Gerechtigkeit“ solidarisch mit Demirtaş und Kavala

Konkret wurden auch Forderungen laut, den kurdischen Oppositionspolitiker Selahattin Demirtaş und den Geschäftsmann Osman Kavala freizulassen. Der EGMR hat bereits mehrfach das Vorgehen gegen Kavala, der sich unter anderem für die Belange der kurdischen Minderheit eingesetzt hat, verurteilt und dessen Freilassung gefordert.

In der Türkei wird Kavala – ebenso wie Demirtaş – deshalb des „Terrorismus“ beschuldigt. Regierungsnahe Medien bedienen zudem antisemitische Verschwörungstheorien, indem sie den Unternehmer mit dem US-Milliardär und Philanthropen George Soros vergleichen. Kavala sitzt seit 2017 in Haft. Eine Rednerin betonte: „Die Zensur von Journalisten, die Unterdrückung von Demonstranten, die Verhaftung von Studenten, die wegen ‚Terrorismus‘ inhaftiert wurden, zeigen, dass die (türkische) Demokratie nicht funktioniert.“

Enes Kanter Freedom: „Wir werden nicht zulassen, dass die Welt euch vergisst“

In einem Beitrag auf X äußerte der frühere Basketballstar und heutige Menschenrechtsaktivist Enes Kanter Freedom, es seien „die Almosen unserer Freiheit“, dass tausende Menschen von 7 bis 70 Jahre nach Straßburg gekommen seien, um ein Zeichen zu setzen. Es gehe eine Botschaft von der Kundgebung aus, dass die Opfer der Verfolgung von Hizmet-Freiwilligen in der Türkei nie vergessen worden seien und nie vergessen würden. Man werde auch nicht zulassen, dass die Welt sie vergesse. Es war nicht das erste Mal, dass Anhänger der Bewegung in der Stadt demonstrierten.

Kanter Freedom erinnerte daran, wie der im Oktober des Vorjahres verstorbene Begründer des Hizmet-Netzwerks, Fethullah Gülen, ihn dazu aufgefordert habe, den Weg der Bewegung fortzusetzen. Der frühere NBA-Spieler und Stiftungsgründer unterstrich in seinem Beitrag auch das Bekenntnis der in Straßburg Versammelten: „Keiner von uns ist frei, bis wir alle frei sind.“

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