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1 Jahr agoon
Beschlossene Sache: Erdoğan unterzeichnet die Umwandlung von 1,1 Millionen Quadratmetern Wald in Bauland – ein Schritt, der von Experten als Verstoß gegen die Verfassung kritisiert wird. Die AKP-Regierung will sich damit dringend benötigte Finanzmittel beschaffen. Doch es regt sich Protest.
Auf der Suche nach dem schnellen Geld nimmt die AKP-Regierung zunehmend die natürlichen Ressourcen des Landes ins Visier. Jüngst (wieder) im Fokus: die türkischen Waldgebiete. So gab Präsident Recep Tayyip Erdoğan zuletzt mit einer Unterschrift rund 1,1 Millionen Quadratmeter Wald in elf Provinzen zur Bebauung frei.
Der „Planfeststellungsbeschluss“, wie das Dokument übersetzt betitelt wird, sieht die Umwandlung von Waldflächen in Bauland in den Provinzen Balıkesir, Istanbul, Izmir, Kütahya, Manisa, Muğla, Mersin, Sivas, Trabzon und Yozgat vor. Besonders betroffen sind die Gebiete Ayazağa, Uskumruköy, Kilyos und Demirciköy nahe Istanbul, Sığacık nahe Izmir und Akseki in Antalya.
Das ist nichts Neues. Wie Ausbeutung und Misswirtschaft die einzigartige Natur der Türkei zerstören, zeigen auch die verheerenden Waldbrände der vergangenen Jahre. Aber nicht nur die urwüchsigen Waldgebiete stehen in der Türkei unter Druck.
Wie Ausbeutung und Misswirtschaft die einzigartige Natur der Türkei zerstören
Die Natur scheint die Mächtigen des Landes nur so lang zu interessieren, wie sie Geld einspielt – sei es durch Tourismus, Energiewirtschaft, Fischerei oder den Verkauf von Waldflächen an Bauunternehmen. Doch dagegen regt sich zunehmend Protest.
Ufuk Coşgun, Professor für Forstwirtschaft an der Universität Karabük, kritisierte den Vorgang scharf. Er betonte, dass es Tausende von Jahren dauere, bis ein Gebiet zu einem Waldökosystem wird. „Es gibt dort Tausende von Lebenszyklen“, sagt Coşgun, der auch Mitglied des türkischen Försterverbandes ist.
Empört fragt der Professor: „Wer entscheidet, welches öffentliche Interesse Vorrang hat?“ Coşgun verweist auch auf den 16. Artikel des Forstgesetzes, der es erlaubt, bestimmte Gebiete aus dem Forst auszugliedern. Unter Expertinnen und Experten gilt der Paragraf jedoch als verfassungswidrig, weil er das öffentliche Interesse verletze.
Wie sich Umweltschutz und Protest auch in der Türkei lohnen können, zeigt das Beispiel des Akbelen-Waldes in der Provinz Muğla. Anwohnerinnen und Anwohner leisteten dort – teils mit prominenter Hilfe – erfolgreich Widerstand. Ganz aufhalten konnten sie die Ausweitung der dort geplanten Braunkohle-Mine bislang aber nicht.
Dass der türkische Umweltminister Murat Kurum dennoch mit einem Aktionsplan zum Klimaschutz hausieren geht, scheint angesichts der neuerlichen Unterschrift Erdoğans nun wie blanker Hohn. Ins Bild passt indes, dass er zugleich auch Minister für Stadtplanung ist. Genügend Bauland dürfte Kurum nun haben.
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