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Panorama

Visa-„Erleichterungen“ für Türken stoßen auf Unverständnis

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Großspurig war angekündigt worden, dass vom Erdbeben betroffene Menschen in der Türkei unkompliziert ein Besuchsvisum beantragen könnten, um bei Verwandten oder Freunden in Deutschland unterzukommen. Das erwies sich jedoch als Trugschluss. Einen großen Unterschied zu sonstigen Bestimmungen gibt es nämlich nicht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat Kritik an zu hohen Hürden bei der Visa-Vergabe an Erdbeben-Opfer aus der Türkei und Syrien zurückgewiesen. „Mehr können wir an dieser Stelle an Erleichterung kaum machen“, sagte sie am Mittwoch der „hessenschau extra“ im Hessischen Rundfunk. Man werde aber gegebenenfalls nachbessern, etwa beim Personal der Ausländerämter.

Kritik war laut geworden, weil trotz des Versprechens einer unbürokratischen Hilfe für Drei-Monats-Visa zur Aufnahme bei Verwandten in Deutschland zum Beispiel ein gültiger Pass und ein biometrisches Foto benötigt werde. Dies sei angesichts der Zerstörung in den betroffenen Gebieten oft nicht zu beschaffen.

„Sind darauf angewiesen, darauf zu achten, wer zu uns kommt“

Faeser verwies auf Vereinbarungen mit den türkischen Behörden für Fälle, in denen Pässe unter den Trümmern verschüttet sind. Deutschland habe außerdem zwei Visa-Stellen in der Region eingerichtet. An ordentlichen Visa-Verfahren (hier nochmal zum Nachlesen auf der Seite des Auswärtigen Amtes) gehe aber kein Weg vorbei. „Wir sind darauf angewiesen, trotz schneller Hilfe darauf zu achten, wer zu uns kommt“, sagte die Ministerin.

Immerhin unterstützt eine große Mehrheit (69 Prozent) laut dem aktuellen Deutschlandtrend für das ARD-„Morgenmagazin“ das Ansinnen, die Visa-Vergabe für Betroffene zu erleichtern. Ob sie unter einer Erleichterung jedoch auch dasselbe wie die Bundesregierung verstehen, dürfte bezweifelt werden. Besonders im Vergleich mit dem Umgang mit Ukrainerinnen und Ukrainern fällt eine Ungleichbehandlung auf. Den Osteuropäern war sogar gestattet worden, hier eine Arbeit aufzunehmen und Sozialgelder zu beantragen.

Serkan Sayın aus Ahlen würde für seine Mutter auf dem Boden schlafen

Mehmet Demir aus Dinslaken bemängelt: „Das Ganze ist total kompliziert.“ Der Reiseunternehmer ist gerade aus der Türkei zurückkehrt, viele seiner Angehörigen haben bei der Katastrophe ihr Leben verloren. Seine Nichte sei aus Trümmern gerettet worden. Die 16-Jährige und die Schwiegereltern will er zu sich holen, hat sie zunächst in ein Hotel in Antalya gebracht. Um die Visa zu beantragen, habe er es telefonisch in Antalya versucht, sei nach Izmir, dann auf eine Webseite verwiesen worden. „Keine Ansprechpartner. Wenn man keine Connections hat, hat man keine Chance“, beklagt Demir.

Serkan Sayın würde seine Mutter am liebsten sofort persönlich aus dem Katastrophengebiet nach Ahlen bringen. Er schafft es kaum noch, Geduld aufzubringen. Seine Wohnung, in der er mit Frau und zwei Kindern lebt, sei nicht groß, sagt er: „Aber für meine Mama würde ich auf dem Boden schlafen, sie könnte sofort mein Bett haben.“

dtj/dpa

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