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Politik

Zehn Jahre Rojava: Bedrohtes Demokratie-Experiment in Nordsyrien

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Zehn Jahre nach der Übernahme Kobanês durch kurdische Truppen wird das demokratische Staatsprojekt Rojava von vielen Seiten bedroht. Wie steht es um die Kurden im Norden Syriens, was treibt sie um und wie sieht ihre Zukunft aus?

Rojava ist ein Hort des Friedens in einer von Krieg geprägten Region. Nach der Übernahme Kobanês durch kurdische Peschmerga 2012 schafften es die lokalen Behörden, einen Quasi-Staat im zerfallenden Syrien aufzubauen und zu verteidigen. Das Autonomiegebiet, auch bekannt als Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien, genießt weltweiten Zuspruch wegen seiner demokratischen Grundprinzipien.

Drohnenangriffe und Wasserknappheit

Die Gleichberechtigung aller Menschen, unabhängig von Ethnie, Religion oder Geschlecht, wird ebenso gelobt wie Rechtsstaatlichkeit und ökologische Nachhaltigkeit. Doch das Demokratie-Experiment steht seither massiv unter Druck. Nun, nach zehn Jahren, droht ein neuer Krieg.

Für Rojava ist das eigentlich nichts Neues. In den vergangenen Jahren kam es wiederholt zu Militäroffensiven Ankaras im Nachbarland. Jüngst häuften sich Drohnenangriffe im Grenzgebiet zur Türkei. Die Türkei unterstellt Rojava, dass vom Kurdengebiet aus Terroranschläge auf türkisches Staatsgebiet oder Militärangehörige verübt würden.

Wasser wird zur Waffe

Außerdem leidet Rojava unter Wasserknappheit. Nach drei Jahren Dürre breitet sich die Wüste immer weiter aus. Hinzu kommt: Die Türkei begrenzt die Durchflussmenge des Euphrats, der sich durch die Hügel der Region Kurdistan schlängelt und unter anderem den Tabqa-Staudamm – das größte Süßwasserreservoir der Region – in Rojava speist.

Wasser wird zunehmend zur Waffe im Norden des vom Bürgerkrieg zerstörten Syrien. Das hat dramatische Folgen für das gesamte Tal. Landwirtschaft wird immer schwieriger. Wasserkraftwerke funktionieren schon lange nicht mehr. Die Lebensgrundlage von knapp fünf Millionen Einwohnern steht auf dem Spiel.

Unmenschliche Zustände in IS-Lagern

Ungelöst ist zudem die Frage, wie die internationale Gemeinde mit den über zehntausend ausländischen IS-Kämpfern und Angehörigen umgehen soll. Bislang sind sie in Rojava inhaftiert. Die Lager Al-Hol und Roj, in denen besonders Frauen und Kinder von IS-Kämpfern inhaftiert sind, sind überfüllt.

Hilfsorganisationen sprechen von unmenschlichen Zuständen und kritisieren die Herkunftsländer. Besonders westliche Länder würden ihre Staatsangehörigen im Stich lassen. Parallel dazu kommt es zu Ausbrüchen, Gefangenenrevolten und Schläferzellen. So werden die IS-Lager, die auch mit EU-Hilfen aus Brüssel finanziert werden, zunehmend zum Sicherheitsrisiko für die Kurden selbst.

Keine politische Perspektive für Rojava

Bis heute gibt es keine politische Perspektive für die Region. Die fehlende internationale Anerkennung schmerzt die Kurden ebenso wie die stets kurzfristig aufgekündigten Partnerschaften der Großmächte. In ihrem nunmehr hundertjährigen Kampf um einen eigenen Staat hatten die Kurden immer wieder mit den Großmächten USA und Russland kooperiert, sind aber ein ums andere Mal fallengelassen worden.

Nun droht Ungemach: Die Türkei drängt die Kurden von Norden zurück, von Süden gewinnt Assad wieder an Macht. Und von den USA, die lange als Schutzmacht der Kurden galten, weil sie gemeinsam den IS in Syrien zurückdrängten, ist nichts zu erwarten.

Staatenlose Kämpfer für die Demokratie

Russland fliegt zwar seit dem Beginn des Ukrainekriegs keine Luftangriffe mehr in Syrien, seine Söldnertruppen sind aber weiterhin an der Seite Assads aktiv. So bleiben die Kurden in Rojava staatenlose Kämpfer für die Demokratie in einer Region, in der viele sie lieber tot als lebendig sehen würden.

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