Politik
Fatih Terim Fon: Der Imperator und seine Zöglinge verlieren 44 Millionen Dollar
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Der Fisch stinkt vom Kopf. Diese Redewendung zielt darauf ab, dass sich im Kopf des Fisches das leicht verderbliche Hirn befindet. So kommt der faule, unangenehme Geruch zunächst vom Kopf. Auf die türkische Gesellschaft projiziert, sind oft zuerst die Verantwortlichen von üblen Dingen wie Korruption befallen. Selbst die türkische Trainer-Legende Fatih Terim und seine sportlichen Zöglinge sind davon betroffen, wie in türkischen Medien berichtet wird. Eine Geschichte über das Ende eines Imperators?
Der türkische Journalist Turhan Bozkurt hat mit einem Post auf X (ehemals Twitter) Aufmerksamkeit erregt. Denn die Caption zu seinem Post hatte gleich mehrere türkische Publikumslieblinge im Fokus. Zudem eine eher unbekannte Frau. Oder besser: unbekannt für die türkische Mehrheitsgesellschaft.
Dabei handelt es sich um Seçil Erzan, die ehemalige Leiterin einer Denizbank-Filiale. Sie soll zunächst den türkischen Star-Trainer Fatih Terim um viel Geld betrogen haben. In einer Geschichte, in der Terim als das Opfer ins Rampenlicht rückt, wird er vermutlich selbst zum Täter?
Arda Turan: „Hat Fatih Hodscha in dieser Sache Profit gemacht?“
Einst das größte Talent des türkischen Fußball schlechthin, ist Arda Turan eher sang- und klanglos aus dem aktiven Fußballer-Dasein ausgeschieden. Nun trainiert er eine Mannschaft in der 2. türkischen Liga und versucht mit einem Aufstieg zu altem Ruhm zurückzukehren. Zu viele negative Schlagzeilen neben dem Spielfeld hatten bereits seine glorreiche Karriere ins Abseits manövriert.
Besonders skurril war der Vorfall mit dem türkischen Popsänger Berkay, dessen Nase der Dribbler im Streit in einer Diskothek gebrochen hatte und anschließend mit einer Pistole zu Berkay ins Krankenhaus gegangen war, um eine merkwürdige Art des Schlichtens anzustoßen. All dies geschah, als Turan noch Profifußballer war. Nun fällt er wieder mit Schlagzeilen außerhalb des Sports auf und im Mittelpunkt steht sein ehemaliger Förderer Fatih Terim.
Turan wurde durch dieselbe Filalleiterin betrogen
Laut einem Bericht des Senders Halk TV sammelte Erzan von rund 20 Personen viel Geld eing. Die angeklagte ehemalige Filialleiterin der Denizbank habe eine Masche entwickelt, womit sie zunächst Terim ins Boot geholt habe. Wie nun durch Aussagen des Journalisten Fatih Altaylı bekannt geworden ist, könnte der Trainer sogar ein Komplize sein.
An die Öffentlichkeit ist die Thematik erst durch Turan geraten. Erzan habe von einem lukrativen Geschäft berichtet, dem er mit Interesse begegnet sei. Er habe Erzan drei Millionen Dollar in bar gegeben und im Gegenzug nach kürzester Zeit eine Million an Zinsen verdient. Das habe Turan dazu verleitet, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Er habe sich weitere vier Millionen von einem ihm bekannten KFZ-Händler geliehen und auch diese Summe Erzan anvertraut.
WhatsApp als Beleg vor Gericht
Seçil Erzan habe jedoch mehr und mehr Geld gefordert. Turan soll diesen Forderungen zunächst gefolgt sein. Er habe sogar ein Grundstück in Istanbul verkauft, von der Bankfiliale, in der Erzan die Leitung innehatte, 33 Millionen Türkische Lira Kredit aufgenommen und dieses Geld sowie den Verkaufspreis des Grundstückes in bar Erzan anvertraut.
Insgesamt soll Arda Turan mit 7,5 Millionen Dollar Investitionen an den Geschäften der mutmaßlichen Betrügerin beteiligt sein. Die Staatsanwaltschaft leitete schließlich Ermittlungen ein. Einzig Terim sei in diesem Prozess nicht angehört worden. Das findet auch Altaylı bemerkenswert: „Obwohl Terim eine der Hauptpersonen in dieser Sache ist, hat er sich quasi in Luft aufgelöst.“
Arda Turan: „Ich kann meinen Kindern nicht mehr in die Augen schauen“
Seçil Erzan habe den Namen der Bank missbräuchlich genutzt und mit dem Label „Fatih Terim Fon“ sei sie an dessen Vertraute herangetreten. Außerdem habe der ehemalige türkische Mittelfeldspieler und heutige Trainer Emre Belözoğlu 4,2 Millionen Dollar Geld eingezahlt, wie aus dem Schriftverkehr zwischen Arda Turan und Seçil Erzan hervorgeht.
Dies geht laut Halk TV aus der Anklageschrift hervor, die eine Vielzahl an WhatsApp-Nachrichten als Beleg anführe. In einem Chat mit Erzan schreibe Turan demnach, dass er nur noch 20.000 Dollar habe und seinen Kindern nicht mehr in die Augen schauen könne. Bei dem verheerenden Erdbeben habe er viel Kritik geerntet, weil er deswegen keine bedeutende Spende machen konnte. „Ich habe dich gebeten, mir 100.000 Dollar zu geben. Die Leute haben sich wegen meiner kleinen Spende lustig gemacht“, so Turan.
Auch Galatasaray-Torwart Muslera betroffen
Zudem fällt in den Chat-Nachrichten auf, dass Turan fragt, ob „Fatih Hodscha“ mit diesem Geschäft Profit gemacht habe. Der Antwort von Erzan zufolge habe er das. Neben Turan, Belözoğlu, Terim, Selçuk İnan, Emre Çolak sei auch der uruguayische Nationalspieler und Galatasaray-Torwart Fernando Muslera von der Betrugsmasche betroffen. Der Star-Goalkeeper habe 500.000 Dollar verloren.
Im Gegensatz zu Turan (7,5 Millionen Dollar) und Belözoğlu (4,2 Millionen Dollar) fällt der Einsatz von Muslera kaum ins Gewicht. Jedoch ist im Prozess von einer Gesamtsumme von 44 Millionen Dollar die Rede. Mindestens 66 Jahre Haft fordert die zuständige Staatsanwaltschaft für die Filialleiterin der Denizbank. Ob und wann Terim in der Sache vor Gericht erscheint, bleibt indes abzuwarten.