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Politik

Türkei: Selahattin Demirtaş zu langer Haft verurteilt

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Im Fokus: Der frühere Vorsitzende der türkischen, pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtaş. Foto: Sedat Suna/EPA/dpa
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Der prokurdische Oppositionspolitiker und ehemalige Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtaş ist in der Türkei zu 42 Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sprach den bereits seit 2016 Inhaftierten etwa wegen Terrorpropaganda und wegen Beihilfe zur Störung der Einheit und Integrität des Staates schuldig.

Die Anwälte des Politikers kündigten Berufung an. Mit Demirtaş wurde auch Figen Yüksekdağ zu 30 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Beide teilten sich damals den Vorsitz der prokurdischen Partei HDP, die nun Dem heißt. Im Verfahren ging es vornehmlich um die sogenannten Kobane-Proteste, zu der die HDP im Jahr 2014 aufgerufen hatte.

Die Proteste richteten sich gegen die Belagerung der syrisch-kurdischen Stadt Kobane durch die Terrormiliz IS und forderten die Türkei unter anderem zur Unterstützung syrischer Kurdenmilizen im Kampf gegen den IS auf. Die Demonstrationen schlugen in Gewalt um, es gab mehrere Todesopfer.

„Urteil, das der Faschismus getroffen hat“

Laut Anadolu wurden damals 37 Menschen getötet. Die Dem sprach in der Vergangenheit von 43 Todesopfern, 27 von ihnen gehörten demnach der Partei an. Insgesamt standen 108 Menschen vor Gericht. 12 Angeklagte wurden laut Anadolu freigesprochen, 72 seien flüchtig. Die Dem gab bekannt, das „Urteil, das der Faschismus getroffen hat“, nicht zu akzeptieren.

Demirtaş, Yüksekdağ und weitere HDP-Abgeordnete waren 2016 unter Terrorvorwürfen festgenommen worden. Demirtaş kandidierte 2018 aus der Untersuchungshaft heraus gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und übte weiter großen Einfluss auf seine Partei und Anhänger aus. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mehrfach die Freilassung des Politikers angeordnet.

Türkei: Inhaftierter Demirtaş will sich aus der Politik zurückziehen

Die Türkei ignoriert das Urteil, obwohl sie als Mitglied des Europarates eigentlich daran gebunden ist. Erdoğan hatte nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten 2023 gesagt, Demirtaş komme nicht aus dem Gefängnis frei, solange er an der Macht sei. Die türkische Führung sieht die Dem als verlängerten Arm der PKK, die in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation gilt. Die Partei weist das zurück.

dpa/dtj