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Politik

Die Muslimbruderschaft kehrt in den Irak zurück

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Die Unzufriedenheit der sunnitischen Bevölkerung im Irak lässt die Muslimbruderschaft ihre große Chance wittern. Die Organisation hatte bereits vor der Machtübernahme Saddams Bedeutung erlangt und versucht nun, daran anzuknüpfen. (Foto: ap)

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Die Unruhe im Irak will sich nicht legen. Sunnitische Araber führen regelmäßig Proteste mit der Begründung durch, dass sie zu Bürgern zweiter Klasse gestempelt und aus dem politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben im Irak entfernt worden wären. Aus den anfänglichen spontanen und unkoordinierten Demonstrationen hat sich mittlerweile zunehmend organisierter Widerstand erhoben.

Mittlerweile versucht die irakische Muslimbruderschaft, abseits der ursprünglich von sunnitischen Arabern gegründeten Irakisch Islamischen Partei eine eigenständige offizielle politische Bewegung ins Leben zu rufen. Seit 2003 hatte sich nur die Irakisch Islamische Partei namens der sunnitischen Bevölkerungsteile aktiv an der Politik beteiligt. Aus dem Grund reichte die Muslimbruderschaft einen offiziellen Antrag auf die Zulassung für nichtpolitische Aktivitäten im Irak ein. Die Bruderschaft war zuvor bereits in allen Provinzen Iraks organisiert, einschließlich Mossul, Anbar, Basra und Azamiye, einem Stadtteil von Bagdad. Ein Beirat von 78 Mitgliedern wurde eingerichtet, ein Exekutivorgan – bestehend aus einem fünfköpfigen Rat – bestimmt und ein Präsident gewählt. Innerhalb der irakisch-kurdischen Regionalverwaltung verfügt die Muslimbruderschaft über eine separate Organisationsstruktur – nämlich die Islamische Union Kurdistan (Yekgirtu), welche ein verlängerter Arm der irakischen Muslimbruderschaft ist. Sie möchte bald auch ein Büro in Istanbul eröffnen.

Die irakische hat mit der syrischen Muslimbruderschaft keine organisatorischen Verbindungen. Doch ist es offensichtlich, dass sie in einer Vielzahl von Fragen ähnliche Zielen und Ansichten vertritt.

Baath wollte die Bruderschaft anfangs einbinden

Die Muslimbruderschaft, welche schon seit 1941 im Irak tätig war, ist eine der ältesten Organisationen im Land. Muhammad Mahmud Sayyaf, der aus Irak stammte und in Ägypten studiert hat, wurde zu ihrem ersten Führer. In den 50er-Jahren hat dann die Bruderschaft neue Zweige in Karbala, Najaf, Divaniye und auch in anderen vorwiegend schiitischen Gebieten eröffnet. In den Jahren 1949 und 1950 suchte die Bruderschaft offizielle Anerkennung, allerdings erfolglos, da sie als eine Erweiterung einer ausländischen Organisation angesehen wurde. Die von der Muslimbruderschaft gegründete Irakische Islam-Vereinigung unter Führung von Emcet Izzavi wurde 1954 aufgelöst.

Muhammad Mahmud Sayyaf wanderte 1960 nach Saudi-Arabien aus und wurde von Abdulkerim Zeydan ersetzt, der zum neuen Führer der Bruderschaft avancierte. Im Jahre 1961 wurde die Islamische Partei Irak gegründet, doch wurde diese während der Regierungszeit Abd al-Karim Qasims verboten und ihr Führer verhaftet. Dennoch blieb die Muslimbruderschaft in den 60er-Jahren eine wichtige Macht im Irak.

Die Baath-Partei wollte die Bruderschaft auf ihre Seite ziehen, nachdem sie 1968 die Macht übernommen hatte und bot ihr zu diesem Zweck zwei Dienststellen im Kabinett des Ministeriums an. Abdul Karim Zeidan wurde in eine dieser Positionen sogar ohne sein Wissen erhoben und lehnte diese in weiterer Folge ab. 1969 ermordeten Angehörige der Baath-Partei im Zuge eines Versuchs, die Organisation zu eliminieren, eine Gruppe von militärischen Offizieren, die Mitglieder der Muslimbruderschaft waren. Ein Jahr später wurden alle ihre führenden Mitglieder außer Zeydan verhaftet. Mit ihm tauchte die gesamte Organisation in den Untergrund ab.

Aufbau zivilgesellschaftlicher Gegenmacht beabsichtigt

Nachdem Saddam Hussein 1991 in Kuwait einmarschiert war und sowohl innerhalb als auch außerhalb des Irak an Autorität zu verlieren begann, bemühte er sich um eine Selbstinszenierung als Muslim. Die Muslimbruderschaft nahm das Dialogangebot an und fing an, ihre Aktivitäten wieder zu intensivieren.

Dieser Ansatz führte dazu, dass die Bruderschaft immer mehr Einfluss im Irak gewann und somit wurde die Irakisch Islamische Partei als Zweig der Bruderschaft bereits im Jahr 2003 gegründet. Die ersten Wahlen nach dem Sturz Saddams im Januar 2005 hatte die Muslimbruderschaft boykottiert, doch entschied sie sich dazu, an der Abstimmung im Dezember 2005 teilzunehmen. Einige sunnitische Araber nahmen an den Wahlen mit der Tawafuq-Liste (die Irakische Front des Abkommens) unter der Führung der Irakisch Islamischen Partei teil, welche 44 Sitze bei den Wahlen und fünf Kabinettsposten gewinnen konnte. Zu den Wahlen 2010 trat die Irakisch Islamische Partei außerhalb der al-Iraqiya-Liste an und konnte nur sechs Sitze erringen.

Die Irakische Muslimbruderschaft ist eine von Al-Kaida, der Irakisch Islamischen Partei, der Bewegung der Islamischen Einheit (IUM, besser bekannt als Al-Tahwid); von der Islamischen Djihad Organisation (IJO) und ebenso von anderen bewaffneten Gruppen getrennte Organisation. Die Bruderschaft befürwortet keine Gewalt – zumal diese aufgrund der absehbaren Beteiligung von Geheimdiensten großer ausländischer Mächten nur Chaos verursachen könne. Die Muslimbrüder an Euphrat und Tigris streben einen Marsch durch die zivilen Institutionen an.