Connect with us

Menschenrechte

Aydın Aydoğan wurde gefoltert – und wartet noch immer auf Gerechtigkeit

Published

on

Folter ist in der Türkei leider keine Seltenheit. Besonders nach dem Putschversuch vom Juli 2016 verschärften sich die Repressionen gegen Inhaftierte und Verfolgte. Foto: Jez Timms / Unsplash
Spread the love

Sechs türkische Polizeibeamte stehen erneut im Fokus, nachdem das Verfassungsgericht feststellte, dass sie gegen das Folterverbot verstoßen hatten. Ein späterer Bericht soll zugunsten der Täter geschönt worden sein.

Aydın Aydoğan wurde – wie viele Türkinnen und Türken in den letzten Jahrzehnten auch – inhaftiert und gefoltert. Sechs Jahre später wird der Fall neu aufgerollt – mit Krankenhausberichten und medizinischen Unterlagen. Das Istanbuler Institut für Rechtsmedizin und die Staatsanwaltschaft sichteten die Dokumente. Doch Aydoğan sieht sich getäuscht.

Denn die Berichte sollen zugunsten der Täter erstellt worden sein, um Folterspuren zu vertuschen. Im Report des „Staatlichen Krankenhauses von Bahçelievler“ aus dem Jahr 2013 ist nämlich keine Rede von Verletzungen. Aydoğan hatte an den Gezi-Park-Protesten teilgenommen und wurde vor der Folter bereits durch eine von der Polizei abgefeuerte Tränengaskapsel verletzt.

Spuren von Misshandlungen an Zähnen, Hand- und Fußgelenken

Am 30. November 2017 wurde er dann, kurz nachdem er Anzeige gegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan erstattet hatte, von Polizisten in zivil in der Nähe seines Hauses verhaftet. Die Sicherheitskräfte forderten Aydoğan auf, ihnen zu folgen und sprachen ihn mit Namen an. Während er den Polizisten folgte und sie in einen abgesperrten Bereich begleitete, bemerkte er ein verdächtiges Fahrzeug, das ihm zuvor nicht aufgefallen war.

Mutmaßliches Folteropfer: „Selbstmörder verurteile ich nicht mehr“

Als er versuchte, ein Foto von den Polizisten zu machen, wurde er gewaltsam zu Boden gedrückt und festgenommen. Er wurde misshandelt und bedroht, obwohl er gesundheitliche Probleme hatte. Ein Bericht der Rechtsmedizin dokumentiert nun Spuren von Misshandlungen an seinen Zähnen, seiner Hüfte und den Hand- und Fußgelenken.

Aufnahmen der Überwachungskameras gelöscht

Obwohl das Verfassungsgericht bereits im April 2022 eine Verletzung der Rechte von Aydoğan festgestellt hatte, konnten die verdächtigen Polizisten bislang nicht zweifelsfrei identifiziert werden. Kenan Şaban Süzgün, einer der verdächtigen Polizisten, wurde indes vier Monate nach dem Urteil des Verfassungsgerichts im November 2022 zum Polizeioberkommissar befördert.

Der Staatsanwalt schloss die erneute Untersuchung am 31. März 2023 und gab an, dass die Aufnahmen der Überwachungskameras im Polizeirevier mittlerweile gelöscht worden seien – welch Zufall. Aydoğan legte gegen die Einstellung des Verfahrens Widerspruch ein. Das Gericht nahm das Verfahren nun wieder auf – und kämpft sich durch die undurchsichtigen, medizinischen Unterlagen.