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„Beginn einer nächsten Revolution“: Friedensnobelpreisträgerin fordert mehr Druck auf den Iran
Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, ihren Botschafter aus Teheran abzuziehen.
Die politischen Beziehungen müssten angesichts der Niederschlagung friedlicher Proteste im Iran auf die konsularische Ebene reduziert werden, forderte Ebadi am Freitag in einem Interview im Deutschlandfunk. Die Proteste in ihrem Heimatland bewertete sie als „Beginn einer Revolution“. Sie sehe Bilder von Demonstranten aller Altersklassen und verschiedener Volksgruppen.
„Wenn von der Enkelin bis zur Großmutter alle unzufrieden sind und das nicht nur in einer, sondern in 100 Städten, muss man davon überzeugt sein, dass das der Beginn einer nächsten Revolution im Iran ist“, sagte Ebadi, die im Londoner Exil lebt.
Die Demonstrationen seien anders als vorige Proteste, die sich eher auf inhaltliche Forderungen konzentriert hätten. Ebadi machte das an drei Punkten fest: Die Demonstranten hätten eine gemeinsame Forderung „nämlich, dass die Islamische Republik Iran aufhört, zu existieren“. Ein weiterer Unterschied sei, dass alle politischen Gruppierungen an den Protesten teilnähmen. Letztlich hätten die Menschen verstanden, was ihre Rechte sind und wehrten sich.
Ehemalige Richterin seit 2009 im Exil
Ausgelöst wurden die anhaltenden Proteste durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte Amini im September wegen ihres „unislamischen Outfits“ festgenommen. Sie fiel ins Koma und starb am 16. September im Krankenhaus. Die Polizei bestreitet, Gewalt angewendet zu haben. Sicherheitskräfte gehen auch mit Gewalt gegen Demonstranten vor, Dutzende Menschen wurden getötet.
Ebadi war nach der Islamischen Revolution 1979 aus dem Richteramt getrieben worden. Als Anwältin verteidigte sie dann unter anderem Dissidenten. 2003 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Wegen ihrer Aktivitäten wurde sie selbst verurteilt. 2009 ging sie ins Exil.
dpa/dtj