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Kultur/Religion

Freispruch mit Fragezeichen: Hat Ditib-Funktionär Messerattacke auf sich erfunden?

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Vor mehr als drei Jahren sorgte ein Fall in Bretten für überregionalen Wirbel in der deutschtürkischen Community. Dann entpuppte sich der auf den ersten Blick klare Sachverhalt als Mogelpackung. Nun endete er mit einem Freispruch für das vermeintliche Opfer, das selbst ins Visier der Justiz geraten war.


Ein Mann wird nachts von zwei Maskierten überfallen, verschleppt und mit einem Messer angegriffen und verletzt. So geschehen am 6. Februar 2019 in Bretten in der Nähe von Karlsruhe. Oder etwa doch nicht? Eine klare Antwort gibt es darauf auch drei Jahre nach dem Vorfall nicht.

Das mutmaßliche Opfer Savaş Ç. gab damals an, von zwei Gülen-Anhängern angegriffen worden zu sein. Ç. war zum Zeitpunkt des Vorfalls Vorstandsmitglied der Brettener Ditib-Moschee, die mutmaßlichen Angreifer sollen damit gedroht haben, „anzügliche Fotos der zur Ditib-Gemeinde gehörenden Frauen ins Netz zu stellen, wenn die Ditib-Mitglieder ihre, die Gülen-„Frauen und Schwestern“, nicht in Ruhe ließen“.

Der Staatsschutz Karlsruhe nahm sich des Falles an und ermittelte wegen einer möglichen religiös-politischen Motivation. Zur Erinnerung: Die Gülen-Bewegung wurde und wird nach wie vor mit dem Putschversuch im Juli 2016 in der Türkei in Verbindung gebracht, insbesondere durch die AKP und Präsident Recep Tayyip Erdoğan. In vielen Ditib-Moscheen wurde Gülen-Anhängern in den Jahren nach 2016 klar gemacht, nicht mehr willkommen zu sein. Vorbeter sollen eine Weile lang gar von der Verbandsspitze der Ditib aufgefordert worden sein, Spitzelarbeit zu leisten, Listen mit Anhängern zu erstellen und diese an Ankara zu übermitteln. Die Ditib ist offiziell unabhängig, gilt allerdings als der deutsche Ableger der türkischen Religionsbehörde Diyanet.

Mutmaßliches Opfer landet am Ende selbst auf der Anklagebank – und schweigt

Der Staatsschutz allerdings konnte nicht nur keine Verdächtigen ermitteln, es kam auch der Verdacht auf, dass Ç. sich die Verletzungen selbst zugefügt hatte oder in Einverständnis hatte zufügen lassen und es somit überhaupt keinen derartigen Vorfall gab. Deswegen stand Ç. jüngst selbst vor Gericht.

Obwohl zwei vom Amtsgericht Bretten beauftragte Sachverständige erklärten, dass die Wunden klassische Merkmale für selbst beigebrachte Schnitte zeigten, weil sie meist oberflächlich seien, parallel verliefen und an Körperstellen seien, die leicht erreichbar und relativ schmerzunempfindlich sind, kam das Gericht zum Schluss, dass nicht zweifelsfrei bewiesen werden könne, dass „der Angeklagte sich selbst verletzt hatte oder ein Dritter dies auf seine Bitte hin tat“. Und weil die Zweifel überwogen, wurde Ç. letztlich freigesprochen.

Die Fragezeichen rund um die Tat und die Hintergründe allerdings bleiben; auch, weil der Angeklagte während der Hauptverhandlung schwieg.

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