Gesellschaft
Kurdischer Journalist in der Türkei festgenommen – Druck auf die Presse wächst
Festnahme im Morgengrauen: „Bianet“-Redakteur Aren Yıldırım wurde am frühen Mittwochmorgen in İstanbul festgenommen. Bislang ist er ohne Rechtsbeistand. In der Wahlphase könnte die Arbeit der Presse in der Türkei (noch) schwerer werden.
Der Journalist Aren Yıldırım, Redakteur der kurdischen Nachrichtenseite „Bianet„, wurde am Mittwoch um 6 Uhr festgenommen. Bewaffnete Sicherheitskräfte stürmten seine Wohnung im Stadtbezirk Üsküdar und brachten ihn auf eine Polizeistation im İstanbuler Fatih-Viertel, teilte sein Anwalt Ülkü Şahin mit.
Informationen von „Bianet“ zufolge verwehrt ihm die İstanbuler Oberstaatsanwaltschaft den Kontakt zu seinen Anwält:innen. Auch habe sein Rechtsbeistand bislang keinen Zugang zur Strafakte. So wird Yıldırım, der seit 2019 für „Bianet“ tätig ist, bislang ohne Begründung festgehalten.
Kritik von Menschenrechtsgruppen
Der kurdische Sprachwissenschaftler, Übersetzer und Journalist ist ein bekannter Advokat für die Rechte von Minderheiten in der Türkei. Neben seiner Arbeit bei „Bianet“ veröffentlichte er ein Wörterbuch für die kurdische Sprache Soranî und ein Buch, das Ausländer:innen an die kurdische Kultur heranführen möchte.
Yıldırım ist kein Einzelfall. Menschenrechtsgruppen werfen der Türkei regelmäßig vor, die Arbeit der Presse einzuschränken. In internationalen Rankings zur Pressefreiheit landet das Land regelmäßig auf den hinteren Plätzen. Im Index zur Pressefreiheit 2022 der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ landete das Land auf Platz 149 von 180.
Inhaftierungen häufen sich wieder
Nach dem gescheiterten Putsch vom Juli 2016 geht Präsident Recep Tayyip Erdoğan radikal gegen Kritiker:innen vor. Bereits wenige Tage nach der Aktion nahmen die türkischen Sicherheitsbehörden Dutzende Journalist:innen fest. In der Folge kam es zu Massenfestnahmen der İstanbuler Staatsanwaltschaft. Nun traf es Yıldırım.
Jüngst häufen sich die Inhaftierungen wieder. Zuletzt wurde der Journalist Fırat Bulut von der News-Website „Yeşil Gazete“ am Flughafen Ankara festgenommen. Ihm wird die Verbreitung von Fake News im Rahmen seiner Berichterstattung zur Erdbeben-Katastrophe in der Türkei vorgeworfen.
Expert:innen rechnen mit Repressionen im Wahljahr
In der vergangenen Wochen wurden zwei Journalisten, die für pro-kurdische Medien tätig waren, angeklagt, weil sie über die Beerdigung von Nagihan Akarsel berichtet hatten. Die kurdische Journalistin, Akademikerin und Frauenrechtsaktivistin aus der Türkei war im Oktober 2022 im Nord-Irak getötet worden.
Expert:innen rechnen damit, dass die Arbeit von Journalist:innen im Jahr der türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen weiter erschwert werden wird. Ein Großteil der Medien des Landes wird von der Erdoğan-Regierung kontrolliert. Die Übrigen werden für ihre unabhängige Berichterstattung regelmäßig sanktioniert – wie der Fall Yıldırım zeigt.