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Extremismus

Mit dem Zeigefinger: Türkischer Botschafter sorgt für Eklat

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Das besagte und inzwischen gelöschte Foto: Der türkische Konsul Cemil Yıldırım zeigt neben Erzbischof Olivier de Germay seinen ausgestreckten Zeigefinger. Quelle: Social Media
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Im französischen Lyon leben zahlreiche türkische Mitbürger, zudem befindet sich ein türkisches Konsulat in dieser knapp halben Million Einwohner zählenden Großstadt. Dies wäre an sich nichts Ungewöhnliches, wäre da nicht dieses eine Foto des aktuellen türkischen Konsuls. Es geht um eine Geste des türkischen Diplomaten, die mittlerweile stark mit islamischen Extremisten in Verbindung gebracht wird: der erhobene Zeigefinger.

Auf den Fall aufmerksam machten zunächst regierungskritische türkische Medien, die über einen Eklat des türkischen Konsuls in Lyon bei dessen Besuch beim Erzbischof der Großstadt berichteten. Für den französischen Katholizismus ist Lyon sehr bedeutend. Neben der berühmten Basilika Notre-Dame de Fourvière teilt sich die Kathedrale Saint Jean Baptiste den Ruf als wichtigste religiöse Instanz der Stadt. Wohl nichtsahnend traf sich der römisch-katholische Erzbischof mit dem türkischen Konsul Cemil Çağdaş Yıldırım (42) zu einem Gespräch im Sinne des Dialogs und der Freundschaft und gab ein Foto für die Presse ab.

Foto wieder gelöscht

Jenes Foto wurde auf der offiziellen Webseite des Konsulats veröffentlicht, um dann später wieder gelöscht zu werden. Denn Konsul Cemil Yıldırım dürfte sich dabei einen Eklat erlaubt haben. Auf dem wieder gelöschten Foto steht der Konsul neben dem Geistlichen Olivier de Germay und schaut wenig erfreut in die Kamera. Doch das ist eher weniger das Problem. Viel größeren Ärger verursachte der ausgestreckte Zeigefinger des Konsuls, der nach unten gerichtet ist.

Denn mit dieser Geste symbolisieren Extremisten des IS die Einheit Gottes und lehnen zugleich die Religion ihres Gegenübers ab. Zwar ist der Finger für friedliebende Muslime nicht mit dem Zeigefinger der IS-Anhänger gleichzusetzen. Doch dieser hat in der Regel keine Funktion im interreligiösen Austausch, sondern hat seinen Platz eher im privaten Bereich, meist auf dem Gebetsteppich. Für Verfechter des türkischen Laizismus ist dies erst recht ein gefundenes Fressen, repräsentiert ein Diplomat bei solch einem Termin schließlich den türkischen Staat.

Laizisten kritisieren Vorfall

Der Journalist Barış Terkoğlu bezeichnete das Verhalten in einem ebenfalls inzwischen gelöschten Tweet beispielsweise als unhöflich und bemerkte, dass der Diplomat sich nicht einmal mit einem Lächeln ablichten habe lassen. Zudem stand der Konsul mit steifer Körperhaltung einen Schritt vor dem Erzbischof. Mit dieser Pose könnte sich Konsul Yıldırım nach seiner Zeit in Lyon wohl eher für neo-osmanische Serien im türkischen Staatsfernsehen TRT bewerben.

Obwohl die Geste des Konsuls deutlich ist und keiner weiteren Erklärung bedarf, könnte es auch schlichtweg eine schlechte Öffentlichkeitsarbeit gewesen sein. Sofern es existieren würde, könnte man dieses unschöne Foto durch ein sympathischer wirkendes ersetzen. Doch angesichts der wachsenden Kritik verschwand das Bild gänzlich. Zum Glück bestraft das Netz solche Fauxpas mit dem Etikett der Ewigkeit. Das besagte Foto wurde inzwischen vielfach in den sozialen Medien verbreitet.

Selbst AKP-naher Ahmet Hakan schließt sich der Kritik an

Etwas überraschend ist, dass das Vergehen des Konsuls, der zuvor direkt im Präsidialamt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan tätig war, auch in regierungsnahen Kreisen auf Ablehnung stieß. Unter anderem kommentierte der Journalist und Fernsehmoderator Ahmet Hakan den Schnappschuss. Anders als Terkoğlu steht Hakan für eine klare Linie im Sinne der AKP. Zumindest seitdem er vor acht Jahren angegriffen und ihm die Nase gebrochen wurde.

In seinem Meinungsbeitrag über den aktuellen Vorfall von Lyon bezeichnet er das Verhalten aus jeglicher Perspektive als „beschämend“. Den Konsul, der lange Jahre im Dunstkreis des Außenministeriums tätig war, Arbeitsgruppen geleitet hat und in türkischen Botschaften arbeitete, nennt Hakan einen Konsul, der seine „Pubertät noch nicht überwunden“ habe.

Es wäre wenig verwunderlich, sollte der Konsul bald mit einer anderen, weniger repräsentativen Aufgabe betraut werden.