Connect with us

Gesellschaft

Schicksal ungeklärt: Vermisste Hilal aus Hamburg seit 25 Jahren verschwunden

Published

on

Ein Bus des VHH ist mit einem großflächigen Zeugenaufruf plakatiert, mit dem um Hinweise in Zusammenhang mit dem Verschwinden von Hilal Ercan gebeten wird. Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Spread the love

Vermisst: Seit 25 Jahren ist das Mädchen Hilal aus Hamburg-Lurup verschwunden. Die Ermittler sind unzähligen Spuren nachgegangen – doch der Fall ist bis heute ungeklärt. Die Familie wünscht sich indes vor allem eines: endliche Gewissheit.

Ein kleiner Engel hängt an einer Fahndungserinnerung an einem Einkaufszentrum in Hamburg-Lurup. „Vermisst!“ steht in großen, roten Buchstaben auf dieser Tafel, ein Foto zeigt ein lächelndes Mädchen mit langen dunklen Haaren. Es ist die zehnjährige Hilal. Verschwunden seit dem 27. Januar 1999.

Was mit dem Mädchen genau geschah, ist bis heute trotz aller Bemühungen der Ermittler unklar. Es wurde keine Leiche gefunden. „Nach 25 Jahren ist der Sachstand eigentlich unverändert: Wir haben bisher keinen Täter ermitteln können“, sagt die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, Liddy Oechtering.

„Bis heute haben wir kein Grab, an dem wir trauern können“

Rückblick: Am 22. September 1988 wird Hilal in Hamburg geboren, ihre Familie lebt zum Zeitpunkt des Verschwindens im Stadtteil Lurup. An dem Tag geht das Mädchen um die Mittagszeit in das benachbarte Einkaufszentrum „Elbgaupassage“ und will sich mit einer D-Mark Kaugummi kaufen. Doch Hilal kehrt nie zurück.

„Es ist derselbe Schmerz wie vor 25 Jahren, das wird sich auch nicht ändern“, teilt Hilals Bruder, Abbas Ercan, auf Anfrage zum Jahrestag des Verschwindens mit. „Bis heute haben wir kein Grab, an dem wir trauern können.“ Die Mutter verwahre einen Koffer voller Erinnerungsstücke. Er werde vor allem in traurigen Momenten geöffnet.

„Mord verjährt nicht“

„Charakterlich war sie eine Beschützerin und sehr hilfsbereit und mutig“, erinnert sich der Bruder, der bei Hilals Verschwinden zwölf Jahre alt war, an seine Schwester. Die Familie hat nach so vielen Jahren keine Hoffnung mehr, dass das Mädchen noch lebt. Hilals Schicksal bewegt die Menschen in der Hansestadt bis heute.

Seit 2021 fährt ein Bus der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein mit einem Zeugenaufruf beklebt. „Wir werden die Akte nicht schließen“, betont Oberstaatsanwältin Oechtering. „Mord verjährt nicht.“ 20.000 Euro hat die Staatsanwaltschaft als Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Aufklärung der Tat führen. Der Fall nahm im Laufe der Jahre viele Wendungen.

Verdächtiger Mann zieht Geständnis zurück

Im März 1999 berichtete die Polizei beispielsweise von zwei Fahrern eines Servicewagens, die ausgesagt hatten, sie hätten auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum einen korpulenten Mann mit lichtem rot-blonden Haar gesehen. Er habe ein Mädchen an der Hand gehabt, das Hilal ähnlich gesehen habe. Ein 2005 ermittelter Tatverdächtiger gestand zudem, Hilal entführt und getötet zu haben. Allerdings zog er sein Geständnis später zurück.

Mehrfach wurde Gelände abgesucht – 2022 etwa überprüften die Ermittler ein Grundstück im Hamburger Volkspark, ohne neue Beweismittel zu finden. Kurz nach dem Verschwinden des Kindes hatte die damalige Sonderkommission ihre Ermittlungen auch auf die Türkei ausgedehnt. Geprüft wurde nach Polizeiangaben aus dieser Zeit, ob das Kind in das frühere Heimatland der Familie verschleppt wurde.

Frustration der Familie ist groß

Auch Familienmitglieder gerieten damals vorübergehend unter Verdacht. Ein Grund waren widersprüchliche Angaben, die aber – wie sich später herausstellte – einen ganz anderen Hintergrund und nichts mit dem Verschwinden des Kindes zu tun hatten. „Die Polizei musste ja damals jeder Spur nachgehen, das war für die Familie nicht schön, aber daraus mache ich heute keinen Vorwurf mehr“, teilt Ercan weiter mit.

Zwischendurch sei das Verhältnis zu Ermittlern angespannt gewesen, weil die Frustration der Familie so groß gewesen sei, dass der Fall noch immer nicht geklärt sei. „Aber heute ist der Kontakt zur Polizei gut, und wir vertrauen darauf, dass alles für die Lösung des Falls getan wird.“

„Hoffentlich kommt bald die Erlösung“

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird das Verfahren fortlaufend überprüft. Bundes- und europaweit werde geschaut, ob es Parallelen zu anderen Fällen gibt, berichtet Oechtering. „Es gibt in der jüngeren Kriminalgeschichte in Hamburg kein anderes vergleichbares Verfahren, das mit einem solchen Aufwand von Seiten der Ermittlungsbehörden betrieben wird.“

Die Familie appelliert immer wieder an mögliche Mitwisser oder bisher unbekannte Zeugen, sich zu melden. „Wir hoffen, dass der Täter sich irgendwann offenbart, er das Wissen nicht mit ins Grab nimmt“, so Ercan. Denn die Familie wünscht sich Gewissheit. „Hoffentlich kommt bald die Erlösung.“

dpa/dtj