Panorama
Skandal um Nusret: Wer ließ Salt Bae auf den Platz?
Das war selbst der FIFA eine Prise zu viel. Nach der bizarren Goldshow des als „Salt Bae“ bekannten Promikochs nach dem WM-Finale will der im Normalfall nicht vor Pomp zurückschreckende Weltverband „angemessene interne Maßnahmen“ ergreifen. Also nicht gegen den Steakbrater, der sich nach Schlusspfiff auf dem Rasen mit dem Pokal wie ein Weltmeister neben Lionel Messi feiern ließ und die PR-Chance seines Lebens ergriff. Vielmehr wolle man in der Zentrale in Zürich dann doch einmal klären, wie der im normalen Leben Nusret Gökçe heißende Mann überhaupt auf den Platz gekommen sei.
Es bedurfte allerdings eines tagelangen Shitstorms in den ohnehin chronisch aufgeregten sozialen Medien, ehe sich der Fußball-Weltverband zu einer Reaktion veranlasst sah. Der Pokal sei eine ikonische Trophäe, die nur „von einer sehr ausgesuchten Personengruppe berührt werden darf“, teilte die FIFA mit. Ein Stück Fleisch mit Blattgold zu überpinseln, genügt nicht als Qualifikation für jene Personengruppe. Vielmehr müsse man den Pokal als Spieler oder Trainer wirklich gewonnen haben oder wenigstens das Staatsoberhaupt eines Landes sein.
Spätestens mit Ribéry wurde Salt Bae auch in Deutschland bekannt
Im offenbar schlecht überblickbaren Gewühl nach dem Sieg gegen Frankreich und der Siegerehrung im Lusail Stadion mischte sich Salt Bae am vergangenen Sonntag unter die feiernden Argentinier. Er ging auf Selfie-Jagd, salzte den Pokal mit einer Geste virtuell mit Gold und küsste das gute Stück am Ende auch noch. Messi schaute in den kursierenden Videos zwar irritiert drein und gab dem Goldjungen zunächst eine Abfuhr, ließ sich letztlich dennoch mit dem Koch für ein Foto für dessen Instagram-Kanal ablichten.
Man kennt sich eben. Messi und der Franzose Paul Pogba waren bereits Restaurant-Gäste. Und Salt Bae war der Mann, der dem damaligen Bayern-Profi Franck Ribéry 2019 in Dubai eines seiner dem Vernehmen nach sehr teuren Goldstücke serviert hat. Das löste zunächst eine Wie-protzig-dürfen-Fußballer-sein-Debatte aus und veranlasste dann den Franzosen dazu, sich in seiner Wortwahl massiv zu vergreifen. Dummerweise hielt er diesen Moment filmisch fest und verbreitete ihn auch noch. Das wiederum triggerte den FC Bayern, der Ribéry mit einer „sehr hohe Geldstrafe“ belegte.
Infantino: „Sein Fleisch wie ein Tor von Maradona“
Doch es blieb nicht bei Ribéry. Selbst Diego Maradona ließ sich die vergoldete Mahlzeit nicht entgehen. Und bei so viel Star-Gewimmel darf einer nicht fehlen: FIFA-Präsident Gianni Infantino. Anlässlich der goldigen Sause auf dem Rasen in Katar wurde nun ein Clip wieder Mode, der den Schweizer mit dem Koch an einem Tisch zeigt. Womöglich im Januar 2019. „Das Fleisch hier ist unglaublich. Wie ein Tor von Maradona, Ronaldo, Messi – fantastisch“, schwärmte Infantino. Am Ende kommt es zu einer herzlichen Umarmung inklusive Kuss auf die Wange. Junge Leute bezeichnen das heutzutage möglicherweise als Cringe.
Auch Claudio „Chiqui“ Tapia, Präsident des argentinischen Fußballverbandes, ist bei Nusret ein gern gesehener Gast. Am Final-Spieltag lobte er Tapia in seiner Instagram-Story als „sehr aufrichtig“. Und: „Er sagte, wenn Argentinien den Pokal holt, werden wir gemeinsam in Doha feiern.“
Fall zeigt, wie sehr sich der Fußball von der Basis mittlerweile entfremdet hat
Vielleicht beantwortet das die Frage, wie Salt Bae an sein Ticket fürs WM-Finale und die After Show-Party gekommen ist. Wenn nicht, dann gibt es da noch ein zweites Filmchen mit Infantino, das deutlich aktueller ist. Gökçe hat es vor einer Woche selbst auf Instagram geteilt. Darin stellt ihm Infantino höchstpersönlich in Katar eine Reihe Prominenz vor, darunter der König von Malaysia und einige Söhne des Emirs von Katar.
Vielleicht war es Tapia, vielleicht auch Infantino, vielleicht beide, vielleicht aber auch nicht. Salt Bae hat es jedenfalls geschafft, dass alle von ihm reden. Dass er sich beim „normalen Volk“ und den allermeisten Fußball-Fans dadurch unbeliebt gemacht haben dürfte, sollte ihm egal sein. Seine Kundschaft findet sich ohnehin eher in den „höheren Ebenen“ der Welt der Promis, insbesondere des Fußballs. Und die leben, wie die Entwicklung des Business zeigt, mehr und mehr in ihrer eigenen Welt.
dtj/dpa