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Panorama

Syrien in Not: Erdbeben „schlimmer“ als der Krieg

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In Syrien war humanitäre Hilfe schon vor dem Erdbeben eine schwere Aufgabe. Teils schlecht erreichbar, teils voller Auflagen wegen bestehender Sanktionen. Im isolierten Nordwesten dürfte es für viele Verschüttete inzwischen zu spät sein.

Aleppos Anwohner stehen nach den verheerenden Erbeben unter Schock. „Wir stehen vor einer Katastrophe, die schlimmer ist als die Tage des Krieges“, sagte eine Frau namens Suad der Deutschen Presse-Agentur. „Viele unserer Nachbarn und Verwandten sind bei dem Erdbeben gestorben.“

Ihre Familie habe mehrere Häuser besessen, die nun alle unbewohnbar seien. Sie wisse nicht, wo sie nun auf Dauer wohnen solle. Die Notunterkünfte der Stadt seien überfüllt. Aleppo gilt als Sinnbild des syrischen Bürgerkrieges. Die Stadt wurde bei heftigen Kämpfen stark zerstört.

Erdbeben-Hilfe für Syrien: Dringend benötigt, schwierig zu liefern

Sie steht inzwischen wieder unter Kontrolle der Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad. Am Montag haben die Erdbeben der Stadt zusätzlich stark zugesetzt: Behörden zufolge mussten Zehntausende ihre Häuser verlassen. Laut UN wurde in dem Ort jedes dritte Gebäude durch die Erdstöße zerstört.

Erdbeben kennen keine Ländergrenzen. Wer in diesen Tagen die Rettungseinsätze in der Türkei und Syrien verfolgte, fand auf beiden Seiten der Grenze aber ziemlich verschiedene Welten vor: in der Türkei mehr als 100.000 Helfer, Suchtrupps mit Hunden, spezielle Geräte zum Aufspüren von Verschütteten, Kräne und viel mehr aus Dutzenden Ländern.

Idlib: Einreise nur noch über die Türkei möglich

Auf der anderen Seite der Grenze, im Nordwesten Syriens, kam erst einmal gar nichts. Seit Montagmorgen versuchten Freiwillige der Rettungsorganisation Weißhelme dort mit bloßen Händen und Schaufeln, Menschen lebend aus den Trümmern zu ziehen. Es waren so wenig Retter, dass bis Donnerstagmittag überhaupt in nur fünf Prozent der betroffenen Gebiete gesucht werden konnte. Landesweit wurden mehr als 3.300 Tote gemeldet.

Humanitäre Hilfe für Syrien, das war schon in den Jahren vor dieser Katastrophe eine Aufgabe zum Verzweifeln. Grund sind der seit 2011 laufende Bürgerkrieg und dessen Folgen. Die Provinz Idlib im dicht besiedelten Nordwesten, eine letzte Hochburg von Aufständischen, ist faktisch isoliert vom Rest des Landes.

Krieg, Armut, Zerstörung, Cholera, Winterkälte und Tod

Die Einreise ist nur noch über die Türkei möglich, Grenzübergänge sind weitgehend geschlossen. Strom und Internet gibt es kaum oder gar nicht. Schon vor dem Erdbeben lebten in Syrien 90 Prozent der Bevölkerung in Armut, es fehlt so ziemlich an allem. 15 Millionen Menschen sind nach UN-Angaben auf Hilfe angewiesen.

An das Wort „Erdbeben“, schreibt ein Beobachter bei Twitter, hätten die Syrer am Sonntagabend aber wohl noch nicht gedacht – sie waren beschäftigt mit Gedanken an Krieg, Armut, Zerstörung, Cholera, Angst, Winterkälte und Tod.

dpa/dtj

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