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Extremismus

Türkei antwortet nicht nur mit Luftschlägen auf Ankara-Attentäter

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Ein Selbstmordattentäter hatte am Sonntag im Herzen der türkischen Hauptstadt Ankara einen Sprengsatz gezündet. Die PKK bekannte sich zu dem Attentat. Foto: Ali Ünal/AP/dpa
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Die türkische Regierung reagiert wie erwartet mit Härte auf den Bombenanschlag in Ankara. In mehreren Provinzen des Landes rücken Sicherheitskräfte aus. Auch im Nordirak geht die Türkei vor.

Nach dem Bombenanschlag in Ankara haben Sicherheitskräfte in mehreren türkischen Provinzen weiter Razzien durchgeführt und Verdächtige festgenommen. Es seien mindestens 90 Menschen in 18 Provinzen in Gewahrsam genommen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag. Vor dem Eingang des Innenministeriums in der Hauptstadt Ankara hatte sich am Sonntagmorgen nach Regierungsangaben ein Angreifer in die Luft gesprengt.

Bei dem Schusswechsel nach der Explosion wurden demnach zwei Polizisten leicht verletzt. Ein weiterer Angreifer sei per Kopfschuss getötet worden, bevor er eine Bombe zünden konnte, hieß es. Am Abend bekannte sich die Terrororganisation PKK zu dem Anschlag. Das Innenministerium bestätigte wenig später Berichte, denen zufolge die Angreifer vor der Tat im zentraltürkischen Kayseri ein Fahrzeug gestohlen und dessen Fahrer getötet haben sollen.

Beide Täter als PKK-Mitglieder identifiziert

Das Ministerium gab zudem bekannt, dass auch der zweite Täter, der an dem Angriff beteiligt gewesen sein soll, identifiziert wurde. Es soll sich um das PKK-Mitglied Özkan Ş. handeln. Frühere Untersuchungen und DNA-Analysen hatten bereits ergeben, dass der andere Angreifer ebenfalls Mitglied der Terrororganisation war und mit bürgerlichem Namen Hasan O. hieß.

In einer ersten Reaktion flog das türkische Militär laut eigenen Angaben noch in der Nacht zum Montag Luftangriffe auf Stellungen der PKK im Nordirak. Dabei sei eine „große Zahl von Terroristen neutralisiert“ – also mutmaßlich getötet – worden, hieß es. Die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF bestätigte Angriffe und schrieb, dass es zunächst keine Informationen über Verletzte gegeben habe.

Auch HDP-Mitglieder unter den Festgenommenen

Die prokurdische Partei HDP teilte mit, dass auch Mitglieder ihrer Partei unter den Festgenommenen seien und verurteilte das Vorgehen scharf. Die türkische Regierung wirft der HDP immer wieder vor, der parlamentarische Arm der PKK zu sein. Die HDP weist das deutlich von sich. In dem seit Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen der PKK und dem türkischen Staat sind Zehntausende Menschen getötet worden.

Das türkische Militär geht hauptsächlich in der Südosttürkei und im Nordirak regelmäßig mit Einsätzen und Razzien gegen die PKK vor. Diese wiederum verübt immer wieder Anschläge, bei denen vor allem türkische Sicherheitskräfte getroffen werden sollen, aber auch immer wieder Zivilisten ums Leben kommen. Die Türkei wirft der PKK vor, mit Terror die nationale Sicherheit und Einheit zu gefährden.

PKK bekennt sich zu Anschlag – Türkei bombardiert Ziele im Nordirak

Die PKK argumentiert indes, sie kämpfe unter anderem für die „Rechte der Kurden“ und gegen Unterdrückung. Viele Kurden hingegen distanzieren sich vom Terror der Organisation, beklagen aber auch die Diskriminierung, der sie im täglichen Leben in der Türkei ausgesetzt sind. 2015 scheiterte ein Friedensprozess zwischen der Türkei und der PKK. Der Anschlag in Ankara fiel mit dem Beginn der neuen Legislaturperiode zusammen und ereignete sich in unmittelbarer Nähe zum Parlament. Auf der Agenda der Abgeordneten steht – wenn auch noch ohne konkretes Datum – unter anderem die Abstimmung über den NATO-Beitritt Schwedens, den die Türkei seit Monaten blockiert. Vor wenigen Tagen wurde in dem skandinavischen Land zum wiederholten Male eine Erdoğan-Puppe angezündet.

Guterres verurteilt Anschlag

Ankara fordert von Schweden unter anderem ein härteres Vorgehen gegen die PKK. Auch über die Verlängerung der Einsätze des türkischen Militärs im Irak und in Syrien soll nach Angaben des Staatssenders TRT zeitnah im Parlament abgestimmt werden. In dem Bekennerschreiben der PKK hieß es, der Angriff vor dem Innenministerium in Ankara sei genau nach Plan verlaufen und „ein Akt der legitimen Verteidigung“ gegen die islamisch-konservative Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan.

„Diese Aktion war ausdrücklich für die Eröffnung des Parlaments und gegen ein Gebäude in dessen Nähe vorgesehen, das als Massaker- und Folterzentrum gilt.“ UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Anschlag. Er appellierte an beide Seiten, eine Eskalation zu verhindern.

dpa/dtj