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Film/Kultur/Religion

Türkei: Regierung entzieht größtem Filmfestival die Unterstützung

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Szene aus dem Film "Kanun Hükmü". Quelle: www.antalyaff.com/tr
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Aufregung um das bedeutendste Filmfestival der Türkei: Grund ist ein Film, der sich um die zahlreichen Entlassungen nach dem Putschversuch von 2016 dreht.

Die türkische Regierung hat dem Antalya Filmfestival („Altın Portakal“, zu deutsch „Goldene Orange“) die Unterstützung entzogen. Das türkische Kulturministerium wirft der Festivalleitung vor, mit ihrer Filmauswahl „Terrorpropaganda“ zu unterstützen.

Konkret geht es um den Dokumentarfilm „Kanun Hükmü“. Der Film erzählt von Menschen, die nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 wegen mutmaßlicher Unterstützung des Umsturzversuches mittels Dekreten, sogenannten Kanun Hükmünde Kararname (KHK), aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Das Kulturministerium sieht darin Propaganda für die sogenannte Gülen-Bewegung, die die türkische Regierung für den Putschversuch verantwortlich macht.

Was hat es mit „KHK“ auf sich?

In dem im Anschluss an den Putschversuch verhängten Ausnahmezustand wurden mindestens 125.000 Staatsbedienstete entlassen. Die türkische Regierung rechtfertigt das als Vorgehen gegen mutmaßliche „Terrorunterstützer“. Andere sehen darin den Versuch der Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan, auch Kritiker aus den Institutionen zu schaffen. Einige Entlassene konnten im Anschluss gerichtlich ihre Unschuld beweisen, wurden danach teilweise wieder eingestellt oder entschädigt. Die meisten sind allerdings für den Rest ihres Lebens gebrandmarkt und tun sich schwer, beruflich und gesellschaftlich wieder Fuß zu fassen.

Was die Unterstützungsabsage von Seiten des Kulturministeriums für das Festival bedeutet, war zunächst unklar. Festivalleiter Ahmet Boyacıoğlu erklärte am Donnerstagabend auf dem offiziellen Instagram-Kanal, dass man sich aufgrund von Drohungen und fehlender Rückendeckung dazu entschieden habe, den besagten Film, der noch auf der Homepage aufgelistet ist, aus der Auswahl fürs Festival endgültig zu entfernen.

Stellungnahme des Festivalleiters zur jüngsten Entwicklung. Quelle: Instagram

Zuvor war er bereits einmal entfernt und nach Protesten wieder aufgenommen worden. Mit diesem Schritt der Selbstzensur will der Leiter offenbar weiteren Druck von Seiten der Regierung verhindern. Abgeordnete, Filmschaffende und Vertreter der Zivilgesellschaft kritisierten diese Entscheidung ebenso wie die Rückzugserklärung des Ministeriums.

Die Veranstaltung soll vom 7. bis 14. Oktober zum 60. Mal in Antalya stattfinden.

dpa/dtj