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Gesellschaft

Wie Geflüchtete aus der Türkei Geflüchteten aus der Ukraine helfen 

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Geflüchtete helfen Geflüchteten.
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Es ist gar nicht mal so lange her, dass sie selbst ihr Heimatland verlassen mussten und Zuflucht in der Bundesrepublik fanden. Heute haben sich die meisten türkischen Flüchtlinge eingelebt und unterstützen nun ihrerseits Hilfesuchende aus der Ukraine.

Es waren schwere Zeiten, die Anhänger der Hizmet-Bewegung (auch bekannt als Gülen-Bewegung) insbesondere nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 in der Türkei durchleben mussten. Viele hatten nicht nur ihre Jobs verloren, sondern teilweise ihr ganzes Hab und Gut, sogar Freunde und Familienmitglieder hatten sich von ihnen abgewandt. Ihnen wurden Vorwürfe gemacht, die wenig oder gar keine Anhaltspunkte boten. Nicht wenige wurden inhaftiert, teilweise sogar gefoltert. Die türkischen Behörden äußern sich dazu nicht oder weisen die Vorwürfe zurück.

Wer sich auf den Rechtsstaat berufen wollte, wurde enttäuscht. Faire Gerichtsverfahren waren und sind aufgrund der starken Politisierung und der fehlenden Unabhängigkeit der Justiz nicht mehr möglich. Deshalb hatten sie keine andere Wahl und verließen das Land, wobei einige dabei ihr Leben verloren.

„Sie wollen jetzt etwas zurückgeben“

Der Großteil der Geflüchteten kam nach Deutschland und spricht mittlerweile auf einem sehr guten Niveau deutsch. Sie haben Jobs gefunden, sind Gründer:innen. Ihre Existenzgrundlage in Deutschland ist aufgebaut, sie führen ein den Umständen entsprechendes „normales Leben“.

„Viele dieser Menschen haben sofort gefragt, was sie tun können und haben schnelle Hilfe organisiert“, sagt Ercan Karakoyun, Vorsitzender der Stiftung Dialog und Bildung, die Ansprechpartner für die Hizmet-Bewegung in Deutschland ist. Dem DTJ sagte er, dass es für Menschen aus der Bewegung selbstverständlich sei, jetzt den Geflüchteten aus der Ukraine zu helfen. Karakoyun weiter: „Viele der Menschen, die jetzt helfen, waren bis vor wenigen Monaten selbst Geflüchtete aus der Türkei. Sie haben hier eine Heimat gefunden und wollen jetzt etwas zurückgeben.“

Auch deutsche Hizmet-Vereine aktiv in der Ukraine-Hilfe

Aber nicht nur die Flüchtlinge selbst, sondern auch die bereits seit Jahrzehnten in Deutschland ansässigen Organisationen der Hizmet-Bewegung wie beispielsweise Schulen, Kulturzentren sowie eine Vielzahl weiterer Vereine beteiligen sich an den Hilfsaktionen. So haben die „IBEB Wilhelmstadtschulen“ aus Berlin gemeinsam mit der „Mosaik Grundschule“, der Kita „Kinderparadies“, der Hilfsorganisation „Time to Help e. V.“ und dem Verein für Geflüchtete „Aktion für Flüchtlingshilfe e. V.“ Essenspakete für ukrainische Geflüchtete am Berliner Hauptbahnhof vorbereitet. Dort wurden die Pakete an das zentrale Verteilerzentrum übergeben. Für die kommenden Tage und Wochen sind auch Kleider- sowie Hygieneartikel-Spenden geplant.

Die einstigen Geflüchteten packen tatkräftig an. Foto: Privat

Man werde sich auch am Nothilfeprogramm des Deutschen Roten Kreuzes beteiligen, wie „Time to Help e.V.“ auf ihrer Webseite schreibt. „Clavis e. V.“, ein weiterer, in Velbert ansässiger Verein aus dem Hizmet-Netzwerk, veranstaltete in Kooperation mit der evangelischen Allianz und der „Partnerschaft Christlicher Kirchen Velbert“ eine Kundgebung mit einem anschließenden Friedensgebet. Der „Bund Deutscher Dialog Institutionen“ (BDDI) organisierte am gestrigen Abend ein Friedensgebet über „Zoom“, das auf eine hohe Resonanz stieß.

„Keine Zeit für Diskussionen“

Karakoyun und seine Kooperationspartner wollen in dieser Thematik keine Zeit verlieren. Mit Diskussionen will er sich nicht aufhalten. So erachtet er die Kontroverse über „Geflüchtete erster und zweiter Klasse“ als nicht zielführend: „Jetzt ist nicht die Zeit zu diskutieren, sondern Menschen in Not zu helfen.“ Die Aussage eines bayerischen Landrats über „viele illegale Wirtschaftsflüchtlinge“ etwa hatte kürzlich hohe Wellen geschlagen.

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