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Freitagsgebet am Wochenende? Neue Diskussion um die Arbeitswoche in der Türkei

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Der Präsident der Diyanet wünscht sich offenbar einen freien Freitag. Quelle: Shutterstock
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Seit ein paar Tagen gibt es im „türkischen“ Twitter eine hitzige Diskussion über die Arbeitswoche. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Idee, den Freitag anstelle des Sonntag zu einem offiziellen Ruhetag zu machen. Entfacht wurde die Diskussion von Ali Erbaş, dem Präsidenten der türkischen Religionsbehörde Diyanet.

Wenn der Muezzin die Muslime in die Moschee ruft, gehören die Wörter „Hayyeales-Salâh“ zu seinem Text. Das ist der direkte Aufruf zum Gebet. Muslime folgen diesem Ruf und verrichten ihr Pflichtgebet. Während die meisten Gebete nahezu überall möglich sind, muss ein Muslim das Mittagsgebet an Freitagen in der Gemeinschaft beten: das Freitagsgebet. Dafür suchen Muslime in aller Welt eine Moschee auf. Zwar können auch Frauen am Freitagsgebet teilnehmen, traditionell sind es aber hauptsächlich die Männer, die es verrichten.

Doch wer verhindert ist, etwa krank, auf der Reise oder durch seinen Arbeitgeber zur Arbeit verpflichtet, der darf das Freitagsgebet ausfallen lassen. Dennoch gibt es viele Muslime, auch hierzulande, die einen besonderen Wert auf die heilige Pflicht am Freitag legen. So sprechen einige Arbeitnehmer mit ihren Arbeitgebern ab, dass sie freitags länger (Mittags-)Pause machen können, oder die Schicht verschieben. In einigen Fällen opfern einige Muslime sogar ihre Urlaubstage, um an dieser gemeinschaftlichen Zeremonie, die etwa eine Stunde dauert, teilnehmen zu können.

Islamische Länder haben freitags frei

Einige Länder haben für uns ein ungewöhnliches Wochenende. Dieser beginnt nicht am Samstag, sondern bereits am Tag zuvor. Dazu zählen zum Beispiel die Vereinigte Arabische Emirate. Hier ist der Freitag der Tag des gemeinschaftlichen Gebets und des Ruhens, während der Samstag oft ein zusätzlicher Ruhetag ist. Ähnlich wird dies in Saudi-Arabien, Gastgeber der jährlichen Wallfahrt nach Mekka, gehandhabt. Daneben gibt es den Iran, das Zentrum des schiitischen Islam.

Obwohl die schiitischen Muslime ein anderes Verhältnis zur Moschee und zum Pflichtgebet haben, findet das Wochenende dort am Donnerstag und Freitag statt. Der Mullah-Staat hat den Anspruch, ebenso wie Saudi-Arabien und weitere islamische Länder, das islamische Weltbild und die Scharia ins Zentrum der Gesetzgebung zu stellen. Die per Verfassung laizistische Republik Türkei ist für diese Länder ein Teil des westlichen Konstrukts. Doch ändert sich das bald?

Diyanet-Chef Ali Erbaş verwirrt mit seinen Aussagen

Im Gegensatz zu den meisten islamischen Ländern hat die Türkei historisch und kulturell eine andere Entwicklung durchlaufen, die ihre Entscheidung für oder gegen den Freitag als Ruhetag beeinflussen dürfte. Obwohl das Land eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung hat, ist die türkische Arbeitswoche an das westliche Modell angepasst. So gelten Samstag und Sonntag als Ruhetage, wobei viele Geschäfte auch an diesen Tagen öffnen. Dies spiegelt die säkulare Ausrichtung der türkischen Gesellschaft und Regierung wider.

Es wird Zeit, dass der Freitag in der Türkei zum neuen Sonntag wird

Verändert sich nun auch dieser Grundpfeiler der Republik? Die jüngsten Worte des Präsidenten der türkischen Religionsbehörde lassen sich als eine Forderung verstehen. Präsident Ali Erbaş hat nämlich darauf hingewiesen, dass das Arbeiten am Freitag und das Geldverdienen während des obligatorischen Freitagsgebets eine schlechte Tat, und unter Umständen sogar eine Sünde sein könnte.

Die Angst vieler: Iranische Verhältnisse in der Türkei

Kritiker dieser Ansicht argumentieren, dass die Türkei ein säkularer Staat sei und religiöse Praktiken nicht in die Arbeitswelt eindringen sollten. Sie betonen, dass eine solche Veränderung den säkularen Charakter des Landes untergraben könnte. Die Debatte um die Änderung der Arbeitswoche in der Türkei ist daher mehr als nur eine Frage der Arbeitszeiten. Sie ist ein Spiegelbild der jahrzehntelangen Spannungen und des Ringens zwischen Säkularismus und Religion, zwischen Tradition und Modernität – und sie eröffnet eine breitere Diskussion über die Rolle der Religion im öffentlichen und privaten Leben in der Türkei.

Die Zukunft wird zeigen, wie diese (nicht neue) Debatte sich entwickelt und welche Auswirkungen sie auf die türkische Gesellschaft und ihre Arbeitskultur haben wird. Eines ist jedoch sicher: Die Diskussion um den Freitag als Ruhetag ist ein klares Zeichen dafür, dass die Verhandlung des Verhältnisses von Religion, Staat und Gesellschaft in der Türkei noch lange nicht abgeschlossen ist. Vielleicht nimmt sie ja jetzt eine richtungsweisende Wendung ein.