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Film/Kultur/Religion

Paukenschlag: Wichtigstes Filmfestival der Türkei abgesagt

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Muhittin Böcek begründete seine Entscheidung in einem Video. Quelle: X/@BocekMuhittin (Screenshot)
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Es hatte sich zwar bereits abgezeichnet, wirklich damit zu rechnen war aber nicht unbedingt: Das diesjährige Filmfestival der Türkei wurde abgesagt.

Das Hin und Her um „Kanun Hükmü“ hat ein abruptes und unerwartetes Ende genommen. Wegen der politischen Schlammschlacht um den Film entschied der Bürgermeister von Antalya, das Antalya Altın Portakal Filmfestival (zu deutsch „Goldene Orange“), das in der Zeit vom 7. bis 14. Oktober zum insgesamt 60. Mal stattfinden sollte, abzusagen. Das erklärte Muhittin Böcek am Freitagabend auf der Plattform X.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

CHP-Politiker Böcek, seit April 2019 Bürgermeister der Mittelmeerstadt, begründete die Absage unter anderem mit dem schlechten Krisenmanagement der Festivalleitung um Ahmet Boyacıoğlu. Daher habe er auch beschlossen, diese auszutauschen. Antalya ist ständiger Gastgeber des bedeutendsten Filmfestivals der Türkei, der Bürgermeister fungiert als Schirmherr und hat als solcher weitgehende Befugnisse.

Türkei: Regierung entzieht größtem Filmfestival die Unterstützung

Um den besagten Film hatte es seit einigen Tagen eine große Diskussion gegeben. Die Festivalleitung hatte ihn zunächst wegen eines angeblich laufenden Justizverfahrens ausgeschlossen, dann nach Protesten der Filmbranche und der Festivaljury wieder zugelassen. Nachdem das Kulturministerium gegen diese Rolle rückwärts protestierte und bekanntgab, sich als Unterstützer des Festivals zurückzuziehen, wurde der Film erneut ausgeschlossen. Dabei gab die Leitung insgesamt kein gutes Bild ab und teils widersprüchliche Statements ab. Das Thema kochte hoch und nahm eine Dynamik an, die nicht mehr aufzuhalten war. Böcek sah daraufhin offenbar keine andere Lösung, als die Veranstaltung in Gänze abzusagen.

Worum geht es in dem Film „Kanun Hükmü“?

In „Kanun Hükmü“ geht es um Menschen, die nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 wegen mutmaßlicher Unterstützung des Umsturzversuches mittels Dekreten, sogenannten Kanun Hükmünde Kararname (KHK), aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Das Kulturministerium sieht darin Propaganda für die sogenannte Gülen-Bewegung, die die türkische Regierung für den Putschversuch verantwortlich macht. Bei den meisten Entlassenen soll es sich um Anhänger der Bewegung handeln, bei jenen, um die es in dem Film geht, aber nicht. Viele Beobachter werfen der Regierung daher Zensur vor.

Die Ereignisse der letzten Tage sind das Ergebnis eines öffentlichen Klimas in der Türkei, in der von der Regierungslinie abweichende Meinungen wenig Platz haben. Die Festivalabsage passt daher gut in eine Reihe von Absagen kultureller Veranstaltungen. Insbesondere Konzerte von Künstlerinnen und Künstlern, die als regierungskritisch gelten, durften in den letzten Jahren wegen fadenscheiniger Gründe nicht stattfinden.