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Gesellschaft

US-Bericht listet Menschenrechtsverletzungen in der Türkei

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Willkürliche Tötungen, verdächtige Todesfälle, Folter und Verhaftung: Der Jahresbericht des US-Außenministeriums enthält Einzelheiten zu den Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Sie geben verheerende Einblicke.

Der Jahresbericht des US-Außenministeriums über die Menschenrechtssituation in der Türkei zieht eine desaströse Bilanz. Das Dokument listet Details zu willkürlichen Tötungen, verdächtigen Todesfällen von Personen in Gewahrsam, gewaltsamem Verschwindenlassen, Folter und Verhaftung.

Oppositionspolitiker:innen und ehemalige Parlamentsmitglieder werden ebenso wie Rechtsanwält:innen, Journalist:innenen und Menschenrechtsaktivist:innen wegen angeblicher Verbindungen zu „terroristischen“ Gruppen der staatlichen Willkür ausgesetzt. Hinzu kommen Repressionen gegen politische Gefangene und gewählte Amtsträger:innen.

„Zehntausende Beamte entlassen oder suspendiert“

Der US-Bericht zeigt auch: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werden in der Türkei mit Füßen getreten – besonders von den Sicherheitskräften des Landes. Ihnen würde häufig Straffreiheit gewährt. Der US-Bericht identifiziert die 2018 verabschiedeten umfassenden Antiterrorgesetze als Quelle des Übels.

Mit ihnen schränke die Regierung die Wahrnehmung der Menschenrechte und Grundfreiheiten weiter ein und gefährde die Rechtsstaatlichkeit. „Seit dem Putschversuch von 2016 haben die Behörden Zehntausende Beamte und Regierungsangestellte entlassen oder suspendiert“, heißt es in dem US-Bericht.

Vermeintliche Gülen-Anhänger auch im Ausland bedroht

Darunter seien mehr als 60.000 Polizei- und Militärangehörige sowie mindestens 4.000 Richter:innen und Staatsanwält:innen. Insgesamt seien überdies knapp 1.500 Nichtregierungsorganisationen geschlossen worden. Der Vorwurf: Propaganda und Unterstützung terroristischer Gruppen.

Ein häufig wiederholter Vorwurf seien angebliche Verbindungen zur Bewegung des Geistlichen Fethullah Gülen, den die Regierung beschuldigt, den Putschversuch von 2016 initiiert zu haben. Vermeintliche Gülen-Anhänger:innen werden auch im Ausland bedroht und laufen Gefahr von türkischen Sicherheitsorganen entführt zu werden.

Festnahmen verstoßen gegen Menschenrechtsstandards

Neben Entführungen und Zwangsrückführungen sind sie vor allem Drohungen, Belästigung, Überwachung und Nötigung ausgesetzt. In einem gemeinsamen Schreiben warfen die UN-Berichterstatter der türkischen Regierung eine systematische Praxis vor. Mindestens 100 türkische Staatsangehörige seien gegen ihren Willen in die Türkei verschleppt worden.

NGO: Menschenrechte in der Türkei auch 2022 weiter unter Druck

Einige dieser Fälle verstoßen der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen (WGAD) zufolge gegen internationale Menschenrechtsstandards. Die Liste der Vorwürfe und Verdachtsfälle ist indes lang. En Detail beschreibt der US-Bericht massive Menschenrechtsverletzungen in allen Facetten. Darunter fallen:

  • die Unterstützung syrischer Oppositionsgruppen, die im Konflikt schwere Missbräuche begangen haben sollen – einschließlich der rechtswidrigen Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldat:innen;
  • schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit, einschließlich Gewalt und Gewaltandrohung gegen Journalist:innen, Schließung von Medien und Zensur;
  • rigorose Sperrung von Websites und schwerwiegende Einschränkungen der Internetfreiheit;
  • massive Einschränkungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, einschließlich übermäßig restriktiver Gesetze bezüglich der staatlichen Aufsicht über Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen;
  • die Zurückweisung von Geflüchteten; Gewaltverbrechen gegen Angehörige nationaler und ethnischer Minderheiten sowie Gewaltverbrechen gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, queere und intersexuelle Personen.

Der US-Bericht behandelt aber auch Einzelfälle – zum Beispiel den von Hüseyin Galip Küçüközyiğit. Der ehemaligen Rechtsberater des Ministerpräsidenten, der nach dem Putschversuch 2016 entlassen wurde, ist seit Dezember 2020 verschwunden. Seine Angehörigen glaubten, dass er entführt wurde.

Situation in Gefängnissen besorgniserregend

Die Behörden bestritten dies. Wenig später gab Küçüközyiğits Tochter jedoch via Social Media bekannt, dass sie einen Telefonanruf von ihm aus der Sincan-Haftanstalt in Ankara erhalten habe. Gerade die Situation in den Gefängnissen des Landes ist besorgniserregend.

Der US-Bericht legt eine landesweite Überbelegung der Gefängnisse, Todesfälle durch Krankheit, Gewalt oder andere Ursachen sowie die Inhaftierung von mindestens 383 Kindern mit ihren Müttern offen. Gefängnisverwalter:innen würden Strip-Durchsuchungen als Strafe gegen Gefangene und Besucher:innen einsetzen.

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