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Ramadan

Ramadan: Ein Monat der Besinnung, des Gebets und der Gemeinschaft

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Der Schriftzug "Ramazan" leuchtet anlässlich des Fastenmonats Ramadan an der Şehitlik-Moschee in Berlin. Foto: Fabian Sommer/dpa
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Die ersten Tage des Ramadan sind bereits vorbei. Mehr als nur der Verzicht auf Speisen und Getränke, steht dieser gesegnete Monat für Gebet, Wohltätigkeit und Zusammenhalt. Abdullah Aymaz hat einige Gedanken zum Fastenmonat zu Papier gebracht.

Ein Gastbeitrag von Abdullah Aymaz*

Mit dem Beginn des gesegneten Monats Ramadan hat für uns Muslime in aller Welt eine Zeit der inneren Einkehr, des Fastens und der spirituellen Erneuerung begonnen. Ramadan ist mehr als der Verzicht auf Speisen und Getränke von der Morgendämmerung bis Sonnenuntergang. Er ist eine Zeit, um sich auf das Wesentliche zu besinnen, alte Gewohnheiten zu reflektieren und sich verstärkt dem Gebet, dem Koran und der Wohltätigkeit zu widmen.

Im Vorjahr besuchte ich am 23. Februar, kurz vor Beginn des Ramadan, eine kleine Moschee, um das Freitagsgebet zu verrichten. Der Imam, der das Gebet leitete, gab dabei einige Ratschläge zum Thema, wie wir den Ramadan nutzen sollten. Und viele davon waren so wertvoll, dass ich sie an diese Stelle gerne in Erinnerung rufen möchte.

1. Erstellt einen Plan für den Ramadan

Der Imam schilderte, wie er in den 70er Jahren in Istanbul einen Kleinunternehmer kennengelernt hatte. Dieser habe stets sorgfältig seine Arbeitsschritte geplant und sei so mit der Zeit zu einem der bedeutendsten Großhändler geworden. Daraus, so der Imam, habe er gelernt, wie wichtig ein planvolles Leben sei. Seine Lehre daraus lautete: „Die Welt ist das Feld für das Jenseits. Sie wurde geschaffen, um uns in unserem Handeln auf das Jenseits vorbereiten zu können.“

2. Die Belohnung für gute Taten im Ramadan ist um ein Vielfaches höher als in anderen Zeiten

Jede Tat im Ramadan wird mit dem Vielfachen belohnt. Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) lehrte, dass das Lesen jedes einzelnen Buchstabens des Korans mit mindestens zehnfacher Belohnung versehen ist. In gesegneten Zeiten wie dem Freitag, in den heiligen Monaten oder besonders in der Nacht der Bestimmung (Laylat al-Qadr) kann sich dieser Segen sogar bis ins Tausendfache steigern. Diese Erkenntnis sollte uns motivieren, in diesen Wochen bewusst Zeit für das Lesen und Verstehen des Korans einzuplanen.

3. Plant eure Iftar-Einladungen

Eine der schönsten Traditionen des Ramadan ist das gemeinsame Fastenbrechen (Iftar). Es bietet eine hervorragende Gelegenheit, Freunde, Nachbarn und Kollegen einzuladen – unabhängig von deren religiösem Hintergrund. In einer Zeit, in der gesellschaftlicher Zusammenhalt besonders wichtig ist, kann ein offenes Haus zum Fastenbrechen Brücken bauen und das gegenseitige Verständnis fördern. Unsere Kinder sollten ermutigt werden, auch nicht-muslimische Freunde einzuladen, um die Werte der Gastfreundschaft und des Dialogs zu leben. Während das Einladen von Glaubensgeschwistern eine Sunnah (empfohlene Tat) ist, ist es eine Pflicht (Fard), auch unsere Mitmenschen einzuladen. Hundert Sunnah-Taten können eine einzige Pflicht nicht ersetzen.

4. Nehmt an Koranrezitationen (Mukabele) und Tarawih-Gebeten teil

Der Ramadan ist eine Zeit, in der unsere Gebete eine noch tiefere Bedeutung erhalten. Neben den fünf Pflichtgebeten ist das freiwillige Tarawih-Gebet eine der großen Segnungen dieses Monats. Wenn möglich, sollten wir versuchen, es in der Moschee zu verrichten, idealerweise im Gesamtpaket mit der Mukabele, der gemeinschaftlichen Koranrezitation, die meist im Anschluss an das Mittagsgebet stattfindet. Disziplin im Gebet hilft dabei, auch außerhalb des Ramadan ein stärkeres spirituelles Leben zu führen. Ohne Disziplin aber könnten wir durch unser Ego und den Einfluss des Teufels träge werden und die spirituellen Segnungen des Ramadan verpassen.

5. Nehmt euch Zeit für den Koran und Bittgebete

Der Ramadan ist eine Zeit, in der wir zur Ruhe kommen und gleichzeitig aktiv unser Leben bereichern können. Wir tun deshalb gut daran, den Koran zu lesen und zu verstehen und viele Istighfar-Bittgebete zu sprechen.

6. Nehmt an interreligiösen Iftar-Abenden teil

Durch bewusste Planung, intensive Gebete, verstärkten Dialog und Wohltätigkeit kann dieser gesegnete Monat eine Quelle der Inspiration und Stärkung sein. Gerade, um diesen Dialog zu pflegen und unsere Freude am heiligen Monat zu teilen, sollten wir uns an interreligiösen Iftar-Abenden beteiligen und diese in unsere Ramadan-Planung mit aufnehmen.

7. Stimmt eure Urlaubszeiten mit dem Ramadan ab

Wenn möglich, sollten wir unsere Urlaubs- und Freizeiten mit dem Ramadan abstimmen. Wer es im Ramadan vermeiden kann, sich mit weltlichen Pflichten zu belasten, kann sich tiefer in seinen Dienst an Gott versenken. Falls es für dieses Jahr zu spät ist, sollten wir dies in den kommenden Jahren berücksichtigen.

8. Bereitet eure Ramadan- und Festtagsgrüße vor

Wir sollten bereits im Voraus eine Liste mit Namen aller Menschen erstellen, denen wir unsere Ramadan- und Festtagsgrüße persönlich zukommen lassen wollen. Wir alle wissen, wie viele Enttäuschungen und Missverständnisse es nach sich ziehen kann, wenn wir Kollegen, Freunde, Bekannte und sogar unsere engsten Verwandten bei Hochzeiten oder anderen Anlässen nicht oder nicht rechtzeitig einweihen. Eine Liste hilft uns, niemanden zu vergessen. Wir sollten auch eine Liste von Kranken oder Menschen in Not machen, um gezielt für sie zu beten. Der islamische Gelehrte Said Nursî maß persönlichen Bittgebeten eine große Bedeutung bei und sagte, dass diese wie ein eingeschriebener Brief direkt an die richtige Adresse geliefert würden. Auch unser ehrwürdige Hocaefendi Fethullah Gülen – Gott hab ihn selig – war dafür bekannt, islamische Gemeinschaften und Personen namentlich in seinen Bittgebeten zu erwähnen und ihre Namen im Gedächtnis zu haben.

Wir Muslime sollten den Ramadan als Gelegenheit nutzen, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen zu bauen. Der Austausch mit nicht-muslimischen Freunden und Kollegen kann zu mehr Verständnis und gegenseitigem Respekt führen. Gerade in multikulturellen Gesellschaften wie Deutschland sollte der Ramadan zu einer Zeit eines von Anteilnahme und Empathie geprägten Miteinanders sein.

Der Ramadan ist eine Zeit der inneren Reinigung, des Gebets und der Gemeinschaft. Er lehrt Geduld, Dankbarkeit und Mitgefühl und erinnert daran, wie wichtig Zusammenhalt und der Dienst am Mitmenschen sind. Möge dieser gesegnete Monat eine Quelle des Friedens und der Inspiration für alle sein, die ihn begehen.

*Abdullah Aymaz ist ein türkischer Schriftsteller, Journalist und eine prominente Figur der Gülen-Bewegung. Er gilt als einer der wichtigsten Schüler Fethullah Gülens und ist derzeit Kuratoriumsvorsitzender der in Berlin ansässigen Stiftung Dialog und Bildung.