Extremismus
Warum viele nicht glauben wollen, dass der Täter von Magdeburg ein radikaler Islamhasser war
Der Anschlag in Magdeburg, bei dem ein 50-jähriger Araber mit einem Auto in einen Weihnachtsmarkt fuhr, hat eine intensive Debatte über die Hintergründe seiner Radikalisierung ausgelöst. „Er passt in kein Raster“, lautete eines der Sätze, die seitens der Behörden fielen. Eine naheliegende Replik darauf könnte lauten: Was wäre denn das passende Raster und Muster? Dass er ein Muslim ist, die hiesige Gesellschaft hasst und bei der Tatbegehung „Allahu Akbar“ ruft?
Zunächst wirkte die Tat wie ein islamistischer Terrorakt. Doch die Ermittlungen zeigten, dass der Täter, ein ursprünglich aus Saudi-Arabien stammender Mann, ein bekennender Islamhasser und Anhänger rechtsextremer Ideologien war. „Er war ein Fan von Geert Wilders, Elon Musk, der AfD. Und er hasste Angela Merkel, Muslime und den Islam“, schreibt Daniel Bax in der taz. Der Täter wollte Deutschland für die vermeintliche „Islamisierung Europas“ bestrafen, wie er selbst mehrfach zum Ausdruck brachte.
Besonders alarmierend sei, dass die ideologischen Einflüsse, die den Attentäter prägten, nicht schwer zu finden seien. „In diesem Fall findet man die entsprechende Literatur leider in jedem deutschen Buchladen“, so Bax. Der Täter teilte online rechtsextreme Verschwörungsideologien, wie die Vorstellung eines „Großen Austauschs“. Mit seiner Tat habe er an rechtsterroristische Anschläge wie die von Breivik, Christchurch oder Hanau angeknüpft.
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„Er war einer von uns – bis er mit einem Auto in einen Weihnachtsmarkt fuhr“
Erschreckend sei auch, wie verbreitet der Hass auf Muslime in der deutschen Gesellschaft ist, betont Bax. „Der Täter stand mit seinem Hass auf Muslime nicht alleine. Sein Denken ist in Deutschland so verbreitet, dass er damit nicht sonderlich auffiel“, argumentiert der Journalist in seinem Beitrag für die taz (hier zu lesen). Die Tatsache, dass der Attentäter aus Saudi-Arabien stammt, werde von Rechtsextremen genutzt, um die Tat für eigene politische Zwecke zu instrumentalisieren. Sie prangerten erneut die Migrationspolitik an und leugneten die ideologische Nähe des Täters zu rechtsextremen Kreisen.
Dabei hätte die Tat möglicherweise verhindert werden können, wenn nicht gar müssen. Der Täter war eine bekannte Figur in der antimuslimischen Szene und hatte online Gewalt angekündigt. Sein Profil auf der Plattform X zählte über 46.000 Follower, darunter Journalisten und Behördenmitarbeiter. „Es gab Warnungen, aber sie verhallten ungehört“, kritisiert Bax. Die Unterschätzung seiner Radikalisierung und die mangelnde Intervention werfen Fragen zur Verantwortung der Behörden und der Gesellschaft auf.
„Islamhasser gehen auf den ersten Blick genauso vor wie Muslime“
Der Fall zeige eindrücklich, wie tief rechtsextreme und antimuslimische Ideologien in Deutschland verwurzelt seien. Es bedarf nicht nur eines stärkeren Fokus auf Prävention, sondern auch eines gesellschaftlichen Bewusstseins dafür, dass diese Denkweisen gefährliche Taten befeuern können. „Er war einer von uns – bis er am Freitagabend mit einem Auto in einen Weihnachtsmarkt fuhr“, schreibt Bax treffend. Ein Satz, der zum Nachdenken anregt.