Panorama
Währungsverfall in der Türkei: Demonstranten und Straßenreporter festgenommen
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Angesichts der Währungskrise in der Türkei haben in Istanbul und Ankara zahlreiche Menschen demonstriert. Einige Demonstranten und drei prominente Straßenreporter festgenommen.
In der Metropole Istanbul gingen nach Angaben der Veranstalter am Sonntag Tausende auf die Straße. Die Demonstrierenden versammelten sich im asiatischen Teil der Stadt und hielten Schilder hoch mit der Aufschrift: „Es reicht!“ Die linke Gewerkschaft Disk hatte zu dem Protest aufgerufen.
In Ankara wurden unterdessen mindestens 90 Studierende festgenommen, wie die Initiative „Wir finden keinen Unterschlupf“ mitteilte. Sie hatten trotz eines Demonstrationsverbots des Gouverneurs versucht, sich in der Hauptstadt zu versammeln. Studierende protestieren seit diesem Sommer mit verschiedenen Aktionen gegen hohe Mieten und fordern bezahlbaren Wohnraum.
Außerdem wurden am Wochenende die Youtuber Arif Kocabıyık, Hasan Köksoy und Turan Kural verhaftet. Die Straßenreporter erreichten in den letzten Jahren Millionen Menschen und schufen eine Alternative für die herkömmlichen Medien, die nahezu allesamt unter der Kontrolle der Regierung stehen. Vor wenigen Tagen bezeichnete Präsident Recep Tayyip Erdoğan die sozialen Medien als „Gefahr für die Demokratie“.
Mindestlohn-Debatte flammt wieder auf
Ausgelöst wurden die Proteste durch den stetigen Verfall der Landeswährung Lira (TL) und der hohen Inflation von mehr als 20 Prozent. In Istanbul etwa hat sich das Leben nach Angaben der Stadtverwaltung innerhalb eines Jahres um mehr als 50 Prozent verteuert. Den höchsten Preisanstieg verzeichnet demnach Sonnenblumenöl mit einem Plus von rund 138 Prozent. Der Generalsekretär der Gewerkschaft Disk, Adnan Serdaroğlu, warnte im Sender Halk TV: „Die Menschen verarmen.“ Er forderte eine deutliche Anhebung des monatlichen Mindestlohns von aktuell rund 3600 TL brutto (rund 230 Euro).
Hintergrund der Lira-Krise ist nach Ansicht von Kritikern unter anderem die Einmischung des türkischen Präsidenten in die Geldpolitik der Notenbank. Erdoğan drängt immer wieder auf niedrige Zinsen und vertritt entgegen gängiger volkswirtschaftlicher Lehre die Ansicht, hohe Zinsen förderten die Inflation.
dpa/dtj