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Politik

Erdgas, Inseln, Historie: Warum Erdoğan Griechenland mit Krieg droht

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Vor Kurzem wurde ein großes Gasfeld im Mittelmeer entdeckt. Das weckt Begehrlichkeiten und entfacht den Zwist zwischen Griechenland und der Türkei erneut. Drohnt nun gar eine kriegerische Eskalation?

70 Milliarden Kubikmeter Gas, ein umstrittenes Seegebiet und zwei Länder vereint in historischer Abneigung: Im östlichen Mittelmeer fliegen wieder einmal die Fetzen. Zwischen den beiden NATO-Partnern Türkei und Griechenland droht ein bewaffneter Konflikt. Der türkische Präsident spricht ganz offen von Krieg.

Recep Tayyip Erdoğan warf Athen am Wochenende vor, die ostägäischen Inseln „unrechtmäßig besetzt“ zu haben. Außerdem formulierte er eine Phantasie, die Viele aufschrecken ließ: „Wenn die Zeit kommt, werden wir tun, was nötig ist. Wir können plötzlich über Nacht kommen.“ Mit ähnlichen Sätzen hatte er in der Vergangenheit Militärinterventionen in Syrien und im Irak angekündigt.

Brüchiger Frieden

Eine bislang ungekannte Provokation, obschon die Beziehung zwischen den beiden Nachbarn ohnehin belastet ist. Bereits vor zwei Jahren eskalierte der Streit um Seerechte, Lizenzen für Gasbohrungen und eben die Ägäis-Inseln. Kriegsschiffe beider Länder kamen sich bedrohlich nah.

Auf Vermittlung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde der Konflikt schließlich beigelegt. Doch der Frieden hielt nicht lang. Im Mai eskalierte die Situation erneut. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis existiere für ihn nicht, sagte Erdoğan öffentlich, nachdem dieser sich in den USA dafür eingesetzt hatte, dass die Türkei keine amerikanischen Waffen und Jets bekommt.

70 Milliarden Kubikmeter Erdgas

Und als er dann vor Kurzem ankündigte, seine Bohrschiffe „überall im östlichen Mittelmeer“ nach Gas suchen zu lassen, schwang er, für alle sichtbar, das Kriegsbeil. Dass nun tatsächlich ein großes Erdgasfeld vor Zypern gefunden wurde, verschärft den Konflikt weiter.

Türkei-Griechenland-Konflikt: Verfeindete Nachbarn

In 2.287 Metern Tiefe, rund 160 Kilometer südlich der Küste Zyperns schlummern rund 70 Milliarden Kubikmeter Erdgas guter Qualität (DTJ-Online berichtete). Das weckt Begehrlichkeiten. Doch die Exploration ist nicht einfach. Denn Zypern ist seit 1974 geteilt – in einen griechisch-zyprischen Teil im Süden und einen türkisch-zyprischen Teil im Norden.

Türkische Ansprüche im geteilten Zypern

Die Türkei ist als Schutzmacht in den Gewässern des türkisch besetzten Nordens aktiv. Und solange es keine Lösung der Zypern-Frage gibt, sperrt sich die Türkei gegen die Ausbeutung der Erdgasfelder. Das hindert Erdoğan aber nicht daran, eigene Ansprüche zu formulieren.

Für ihn gilt das komplette östliche Mittelmeer als türkische Einflusssphäre. Und in seiner Realität muss die Türkei an der Ausbeutung des Gasfelds zumindest beteiligt werden. Für Griechenland ist das ein Affront.

Erdoğan missachtet international anerkannte Seegrenzen

Die Türkei nimmt die griechischen Wirtschaftszonen rund um die Inseln der Ägäis nicht ernst. Ankara missachtet damit international anerkannte Seegrenzen. Und sucht offenbar nach einem Vorwand, um den Streit endgültig eskalieren zu lassen.

Zwei Beispiele: Erst vor wenigen Tagen warf die Türkei Athen vor, türkische Jets „belästigt“ zu haben. Angeblich sei das auf Kreta stationierte Luftverteidigungssystem aktiviert worden. Das griechische Verteidigungsministerium dementierte das vehement (DTJ-Online berichtete) – und beobachtet die Lage genau.

Landungstruppen live im Staatsfernsehen

Dafür gibt es allen Grund: Im Juni probte die türkische Marine die Einnahme eines Küstenabschnitts mit Landungstruppen – direkt gegenüber der griechischen Insel Samos. Live übertragen im Staatsfernsehen nannte Erdoğan die Übung einen vollen Erfolg. Es folgte eine aggressive Rede, inklusive Drohkulisse am Strand.

Antigriechisches Säbbelrasseln, Kriegsrhetorik und nun offene Drohungen: Ankara scheint sich weiter in Richtung eines bewaffneten Konflikts zu bewegen. Doch auch Griechenland rüstet immer wieder massiv auf. Wer erwarte, dass die Türkei das stillschweigend hinnehme und passiv bleibe, täusche sich, so Erdoğan. Ähnlich argumentiert auch Athen. Für die NATO wird das mehr und mehr zum Problem. Und auch die EU sondiert die Lage. Ihr Dilemma: Ohne die Türkei wird auf Dauer keine friedliche Ressourcengewinnung im östlichen Mittelmeer möglich sein.

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