Politik
Türkische Offensive in Syrien: Wie reagiert Assad?
Das türkische Militär hat die Luftschläge gegen kurdische Kämpfer der syrischen Kurdenmiliz YPG und der PKK den vierten Tag in Folge fortgesetzt. Es mehren sich Anzeichen, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan auch Bodentruppen über die Grenze schicken könnte.
„Die Operationen, die wir mit unseren Flugzeugen, Kanonen und bewaffneten Drohnen führen, sind erst der Anfang“, sagte Erdoğan am Mittwoch. Aktivisten meldeten zudem Beschuss eines russischen Stützpunktes. Seit Sonntag fliegt die Türkei in Syrien und im Irak Angriffe auf Stellungen kurdischer Milizen, die sie für den Anschlag am 13. November im Zentrum Istanbuls verantwortlich macht.
„254 Terroristen neutralisiert“
Ankara greift Ziele in Regionen an, die unter der Kontrolle der YPG stehen. Die Türkei sieht die YPG als Ableger der PKK. Die PKK gilt unter anderem auch in Deutschland als Terrororganisation, die YPG nicht. Die USA sahen in der YPG einen Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Das türkische Verteidigungsministerium gab an, seit Beginn der jüngsten Militäroffensive im Irak und in Syrien 471 Ziele angegriffen zu haben. Dabei seien insgesamt „254 Terroristen neutralisiert“ worden, erklärte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar am Mittwoch.
Russischer Soldat nach türkischem Angriff verletzt?
Er machte keine Angaben zu möglichen zivilen Opfern. Die Angaben zu den Angriffen und die Opferzahl ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Bei Drohnenattacken im Norden Syriens wurde ein kurdischer Kämpfer getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch meldete.
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Der Mann starb demnach bei einem Angriff auf ein Verbindungsbüro der von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), das sich auf einem russischen Stützpunkt befindet. Dabei seien auch drei kurdische Kämpfer sowie ein russischer Soldat verletzt worden. Aus Russland gab es dazu zunächst keine Stellungnahme.
IS-Camp und Gefängnis
Den Aktivisten zufolge wurden auch mehrere Öl- und Gasanlagen in Nordsyrien von türkischen Drohnen getroffen. Dabei wurden den Angaben nach sechs Arbeiter verletzt. Weiterhin seien türkische Granaten in der Nähe eines Gefängnisses in der Stadt Al-Kamischli eingeschlagen, in dem auch Anhänger der Terrorgruppe IS sitzen.
Auch Außenbereiche des berüchtigten Flüchtlingslagers Al-Hol, in dem auch Tausende frühere Anhänger des IS leben, seien getroffen worden. Einige Frauen versuchten den Angaben nach, aus dem Camp zu entkommen. Auf türkischem Territorium schlugen nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu erneut Geschosse ein.
Laut SDF auch Zivilisten getötet
Drei Raketen seien aus Nordsyrien von kurdischen Milizen abgefeuert worden und in der südosttürkischen Provinz Kilis eingeschlagen. Verletzte habe es nicht gegeben. Bei vorangegangenen Angriffen waren türkischen Angaben zufolge drei Menschen getötet worden (DTJ-Online berichtete).
Nach Angaben der SDF wurden bislang auch 15 Zivilisten getötet. Die Syrischen Demokratischen Kräfte forderten in einer Erklärung die Schlüsselmächte des Syrien-Krieges auf, eine klare Haltung zu beziehen. Ihre Haltung scheine nicht im Rahmen von Freundschaft und Partnerschaft zu liegen, monierte die SDF wohl mit Blick auf die USA.
Türkei: „Sicherheitslinie“ für Angriffe schließen
Washington hatte sich bislang zwar besorgt über die Angriffe geäußert, aber auch Verständnis für die terroristische Bedrohungslage der Türkei gezeigt. Auf eine Entspannung der militärischen Handlungen ließ Erdoğan nicht hoffen. Die Türkei sei entschlossener denn je, ihre Südgrenze, mit einer „Sicherheitslinie“ für Angriffe zu schließen.
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Bereits bei einem Militäreinsatz gegen die YPG in Nordsyrien 2019 wollte die Türkei entlang ihrer Grenze eine Zone schaffen, aus der sich alle Kurdenmilizen zurückziehen sollen. Aus Sicht der Türkei soll sich diese rund 30 Kilometer tiefe Zone vom Euphrat-Fluss aus ostwärts über mehr als 400 Kilometer bis an die irakische Grenze erstrecken.
Der türkische Präsident sagte, dass er ein Treffen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in Betracht ziehe. „Ein Treffen mit Assad ist möglich.“ Bis vor kurzem hatte Erdoğan sich immer als klarer Gegner Assads gezeigt, der im syrischen Bürgerkrieg unter anderem von Russland unterstützt wird. Dass er seine Meinung gegenüber Staatschefs ändern kann, bewies er erst vor wenigen Tagen.
dpa/dtj