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Politik

Neue Bosporusbrücke: Gefühle der Aleviten „tief verletzt“

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Der osmanische Sultan Selim I. gilt in der türkischen Geschichte als Herrscher mit eiserner Hand. Vor allem bei den türkischen Aleviten trifft der Plan der Regierung, die dritte Bosporusbrücke nach ihm zu benennen, auf Unverständnis. (Foto: cihan)

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Neue Bosporusbrücke: Gefühle der Aleviten „tief verletzt“
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In fast allen großen Städten der Türkei kommt es momentan zu heftigen Protesten und schweren Ausschreitungen gegen die Regierung Erdoğan. Der Streit um einen Istanbuler Park, das Vorgehen der türkischen Polizei und generell die Politik der regierenden AKP erhitzen die Gemüter.

Zusätzlich sorgt aber noch der Beschluss, die geplante dritte Brücke über den Bosporus nach dem osmanischen Yavuz Sultan Selim zu benennen, derzeit für großen Unmut, vor allem unter den türkischen Aleviten.

„Wir protestieren entschlossen gegen die geplante Benennung nach Yavuz Sultan Selim – der in der Vergangenheit viel Leid und Schmerz über die Aleviten gebracht hat – und fordern, dass der Name der Brücke umgehend geändert wird“, sagte Hüsniye Takmaz, Vorsitzende der „Föderation alevitischer Verbände“ am Sonntag in Garipçe, wo laut der türkischen Regierung der linksseitige Pfeiler der derzeit im Baustadium befindlichen dritten Bosporusbrücke stehen soll. Die Gefühle der Aleviten seien tief verletzt, sagte sie vor etwa 500 Teilnehmern, darunter auch zahlreichen Vertretern alevitischer Verbände.

Selim I. („Der Gestrenge“) war der neunte osmanische Sultan und regierte von 1512 bis zu seinem Tod im Jahre 1520. Im 16. Jahrhundert kam es in Persien und auch im Osten Anatoliens zu mehreren Aufständen schiitischer und alevitischer Gruppierungen. Schon als Wali (Gouverneur) von Trabzon bekämpfte Selim I. diese Gruppierungen mit eiserner Hand. Nachdem er seinen Vater abgesetzt hatte, da dieser die drohende safawidische Gefahr nicht einsehen wollte, führt er ein osmanisches Heer gegen die Safawiden an und schlug deren Führer Şah İsmail in die Flucht. In der Folge ließ er alevitische Rädelsführer (Kızılbaş) in Anatolien ermitteln und bestrafte diese mit Hinrichtung oder Verbannung. Genaue Opferzahlen der Politik Selims I. sind historisch umstritten.

Die türkischen Aleviten beklagen staatliche Diskriminierung sowohl zur osmanischen als auch modernen türkischen Zeit. In der Türkei leben schätzungsweise 12,5 Millionen Aleviten und stellen damit rund 15 Prozent der Bevölkerung – obwohl die offiziell-staatliche Statistik die türkische Bevölkerung zu 99,8 % als (sunnitische) Muslime ausweist.
 
Istanbul Brücke Karte cihan.jpg