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Menschenrechte

Protestnote aus Gefängnis: Wird Kavala Gericht boykottieren?

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Der in der Türkei inhaftierte Kulturförderer Osman Kavala hat sich gegen Vorwürfe von Präsident Recep Tayyip Erdoğan zur Wehr gesetzt. Zugleich kündigte der 64-Jährige an, nicht mehr an Gerichtsverhandlungen teilnehmen zu wollen. Derweil müssen zehn hochrangige Diplomaten damit rechnen, des Landes verwiesen zu werden.

„Die erniedrigenden und verleumderischen Aussagen des Präsidenten gegen eine nicht verurteilte Person, deren Prozess noch läuft, sind ein Angriff auf die Menschenwürde“, ließ Kavala am Freitag über seine Anwälte mitteilen. Diese nähmen direkten Einfluss auf die Gerichtsbarkeit.

Erdoğan hatte Kavala am Vortag ein „Soros-Überbleibsel“ genannt – unter Bezug auf den US-Philantropen und Investor George Soros. Die türkische Regierung wirft Kavala und Soros vor, die regierungskritischen Gezi-Proteste von 2013 organisiert und finanziert zu haben.

Kein fairer Prozess möglich?

„Ich denke, dass ein fairer Prozess unter diesen Umständen nicht mehr möglich und es sinnlos ist, künftig an den Verhandlungen teilzunehmen“, so Kavala laut Mitteilung.

Kavala wird in einem Prozess Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten und „politische und militärische Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Er ist seit 2017 inhaftiert, ohne je verurteilt worden zu sein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte 2019 bereits seine Freilassung gefordert. Die Türkei ignoriert das Urteil bislang.

In dieser Woche hatten sich zehn Botschaften in Ankara – darunter auch die deutsche – erneut für die Freilassung Kavalas eingesetzt. Erdoğan drohte daraufhin den Botschaftern zunächst indirekt mit Ausweisung und erklärte sie dann tatsächlich zu unerwünschten Personen. Er habe das Außenministerium dazu angewiesen, sagte der türkische Präsident bei einem Besuch in Eskişehir. „Ich sagte, kümmern Sie sich darum, diese zehn Botschafter so schnell wie möglich zur „Persona non grata“ zu erklären“. Ein solcher Schritt führt in der Regel zur Ausweisung der Diplomaten. Eine Frist nannte Erdoğan nicht.

Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei vor erneuter Belastungsprobe

Aus Kreisen des Auswärtigen Amts in Berlin hieß es dazu: „Wir haben die Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan sowie die Berichterstattung hierüber zur Kenntnis genommen und beraten uns derzeit intensiv mit den neun anderen betroffenen Ländern.“ Betroffen sind neben Deutschland und den USA auch Frankreich, Kanada, Finnland, Dänemark, die Niederlande, Neuseeland, Norwegen und Schweden.

Das US-Außenministerium suchte Aufklärung. „Die Berichte sind uns bekannt und wir suchen jetzt Klarheit vom Außenministerium der Türkei“, sagte am späten Samstagabend ein Sprecher des State Department.

dpa/dtj

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