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Kultur/Religion

So aufwendig bereiten sich Pilger auf die Hadsch vor

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Die islamische Pilgerfahrt ist kein Urlaub, den man als Last-Minute-Angebot buchen kann. Oft muss man sich bis zu einem Jahr vorher anmelden, hinzu kommen intensive Vorbereitungsseminare. Wir sprachen mit einer Hadschi, die die Pilgerfahrt 2014 antrat.

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Jedes Jahr begeben sich Millionen von Muslimen auf eine lange und anstrengende Reise. Sie kommen aus der ganzen Welt in Mekka zusammen, um die islamische Pilgerfahrt zu vollziehen. Doch wie bereiten sich die Pilger auf die Hadsch vor? Eins sei vorab gesagt – eine „gute“ Vorbereitung kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Anmeldung zur Hadsch

So wie vor jeder Reise in ein anderes Land muss man sich auch bei der Pilgerfahrt um Unterkunft, Versorgung und andere Nebenkosten gekümmert werden. „Das ist alles Nebensache“, formuliert Fatma K. aus Berlin. Die 47- jährige Türkin unternahm ihre Pilgerfahrt bereits im vergangenen Jahr und weiß nur zu gut von ihr zu berichten. Nichtsdestotrotz muss man sich zuallererst für die Hadsch anmelden: hierfür braucht man einen Reisepass, einen Personalausweis, Passbilder und im Schnitt 4000 Euro. In Deutschland meldet man sich meist an einer an die Diyanet gebundene Moschee an. Diyanet ist das Amt für Religionsangelegenheiten in der Türkei. „Zumindest lief das bis vor ein paar Jahren meistens über sie. Mittlerweile gibt es etliche Hadschorganisatoren“, erklärt K. „Sie bieten dann schließlich verschiedene Möglichkeiten an, aus denen man eine auswählt. Ob man in der Nähe der Kabaa oder etwas weiter weg untergebracht sein will, ob mit oder ohne Verpflegung und Transfer zu den Orten in und um Mekka und Medina herum, sei eine Sache der Finanzen. „Die eigentliche Arbeit dabei haben sicherlich die Organisatoren, die jährlich hunderttausende Muslime unterbringen müssen“, unterstreicht die Türkin mit ernstem Blick. In der gebuchten Pilgerfahrt sei dabei vieles mit enthalten: unter anderem die Kosten für das Visum, Hin- und Rückflugticket, Unterkunft in Mekka und Medina, Verpflegung (meistens Frühstück, Mittag- und Abendessen in Mekka und Medina) und Transfer zwischen Mekka-Medina-Dschidda, Auch das Schächtentgelt für das Opfertier und die Vorbereitungsseminare vor der Abreise seien inklusive.

Mentale und physische Vorbereitung durch Seminarreihen

Neben der Planung für Unterbringung und Versorgung bereitet sich der gläubige Muslim in Hinblick auf die islamischen Grundlagen aber nicht nur organisatorisch und finanziell, sondern auch mental und physisch vor. Dies sei wiederum der „schwierigste und wichtigste Teil“, unterstreicht die frischgebackene Hadschi (Ehrentitel, den man nach abgeschlossener Hadsch zugewiesen bekommt). Fast jede Organisation, ob nun Diyanet oder andere, bieten Vorbereitungsseminare an. Diese dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie würden den „roten Faden“ bilden.

Tatsächlich bietet beispielsweise Diyanet über zehn Seminarthemen an:

1. Wichtigkeit der Hadsch und ihre Arten

Auf die Frage „Warum die Hadsch“ wird nicht nur aus der Perspektive der Rechtslehre eingegangen, sondern auch aus der Sicht der Weisheiten. Die angehenden Pilgern erhalten unter anderem Informationen über die drei Arten der Pilgerreise, welche mit verschiedenen Aufgaben verbunden sind.

2. Ge- und Verbote während der Hadsch

An dieser Stelle wird über die Pflichten und anderen Verpflichtungen detailliert informiert. Auch Verbote nehmen einen wichtigen Part während dieser Seminarreihe ein. Bei Missachtung müssen Bußen geleistet werden.

3. Abfolge der Hadsch

Dieses Seminar unterrichtet über die Abfolge der drei möglichen Hadsch-Arten.

4. Informationen über die Symbole und Orte in Mekka und Medina

Jedem Ort obliegen bestimmte Gebete, ohne die die Hadsch nicht gültig wäre.

5. Spezielle Gebete während der Hadsch

Während der Hadsch gibt es eine haargenaue Abfolge, die eingehalten werden muss. Dabei gibt es spezielle Gebete, die man im Vorfeld (auswendig) lernen sollte.

6. Die finanzielle Vorbereitung auf die Hadsch

Nicht nur vor, auch während der Hadsch fallen einige Kosten an, wie zum Beispiel für das gesegnete Zamzam-Wasser und Datteln. Auch bei einer Verletzung von Regeln müssen Gebühren abgeleistet werden.

7. Bewusstsein des gemeinsamen Lebens

Angehende Pilger werden für die unterschiedlichen Nationalitäten aus aller Welt sensibilisiert und für gegenseitige Geduld angehalten.

8. Frauen- und männerspezifische Themen

So wie in allen Angelegenheiten im Gottesdienst gibt es gewisse Unterschiede bei den Geschlechtern, auf die hingewiesen wird.

9. Der Prophet Muhammed und die Prophetenmoschee in Medina

Da bei der Pilgerfahrt der Prophet Muhammed als Vorbild dient und die Stadt Medina die Stadt des Propheten ist, werden das Leben und seine Handlungen während der Hadsch thematisiert.

10. Gesundheit

Impfungen, häufig auftretende Krankheiten und ihre Prävention, Nahrungseinnahme und Wetterumstellungen auf gute Kleidung und Schuhwerk sind wichtige Themen, die man berücksichtigen sollte.

11. Seminare für Gehbehinderte

Seit geraumer Zeit gibt es in der Kabaa spezielle Erleichterungen für Gehbehinderte während der Hadsch. Informationen und Empfehlungen diesbezüglich sind für alle von großer Wichtigkeit, nicht nur für gehbehinderte Menschen.

Diese genannten Themen werden, je nach Organisatoren, entweder in einer Woche in je zwei bis drei Stunden vorgetragen oder aber auch an drei Tagen als Crash-Kurse angeboten.

Vorbereitung der Imame

Auch die Imame müssen sich auf die Pilgerfahrt ausführlich vorbereiten, sie durchlaufen – anders als die Pilger – eine obligatorische Ausbildung. Dies geschieht in mehrmonatigen Vorbereitungskursen. Intensive Sprachkurse gehören dabei auch zu ihrem Programm.

„Nicht auf alles wurden wir vorbereitet“

Rückblickend sagt K., dass sie nicht auf alles „gut genug“ vorbereitet wurde: „Als ich zum Beispiel dort war, habe ich erst durch Freunde mitbekommen, dass es sinnvoll ist, sich in kleinen Vorräten energiereiches Proviant mitzunehmen“. Da die Hadsch kein Urlaub sei, sondern eine spirituelle Reise, sei man sehr selten im Hotel. Lieber verzichte man auf Schlaf und Essen, als auf das Spirituelle. „Deswegen habe ich getrocknete Rosinen und Lokum (türkische Süßspeise mit Nüssen oder Pistazien) eingerollt in Lavash mitgenommen“. Auch Haselnüsse, Walnüsse und viele andere getrocknete Früchte seien gute Alternativen.

Auch für die Kondition empfehle sie jedem, vor der Hadsch täglich drei bis vier Kilometer zu laufen. Eine gesunde Fitness komme jedem entgegen, da man schnell „außer Atem“ komme.

Vorbereitungsseminare in anderen Ländern

Die Vorbereitungsseminare sind allerdings nicht in jedem Land Gang und Gebe. In Libanon beispielsweise erhalten die Pilger erst vor Ort Informationen. Einzige Vorinformationen bekomme man lediglich per Erfahrungsaustausch von Hadschis.

In Malaysia sieht die ganze Sache aber anders aus. Es gilt als das Vorzeigeland, wenn es um die Hadsch-Vorbereitungen geht. Anders als bei den türkischen Organisationen ist die Teilnahme an Seminaren obligatorisch. Auch dauern sie viel länger an – volle 16 Wochen. Nicht nur theoretisch, sondern auch enaktiv werden die Pilger auf die Hadsch vorbereitet. Mit einem Modell der Kabaa lernen die Teilnehmer – ohne dabei andere zu stören – sie in der Gruppe zu umkreisen. Erst nach erfolgreichem Abschluss und einem Zertifikat darf man die Hadsch antreten.

In Malaysia lernen angehende Pilger, wie man die Kaaba richtig umkreist.