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Menschenrechte

Verfolgung von Gülen-Anhängern: Bericht offenbart massive Justiz-Mängel

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (M.) posiert mit Richtern und Staatsanwälten. Foto: Hâkimler ve Savcılar Kurulu (HSK)
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Ein aktueller Bericht – unterzeichnet von renommierten Wissenschaftlern – wirft ein Schlaglicht auf die Schwachstellen im türkischen Justizsystem nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016. Im Fokus: die Rolle der Gülen-Bewegung.

Der Bericht mit dem etwas sperrigen Titel „Gefahren des uneingeschränkten Ermessensspielraums bei der Strafverfolgung: Verfolgung von Terrorismusverbrechen in der Türkei nach dem Putsch“ wurde von der italienischen Menschenrechtsföderation veröffentlicht. Er untersucht 118 Anklageschriften gegen mutmaßliche Mitglieder der Gülen-Bewegung in 81 türkischen Provinzen.

Die Untersuchung enthüllt schwerwiegende Mängel und beleuchtet die Verwendung von Verschwörungstheorien sowie Verstöße gegen den Rechtsstaat in den Anklageschriften. Der Bericht zeigt, dass 78 der untersuchten Anklageschriften fragwürdige Punkte enthalten, wie die Verwendung der umstrittenen ByLock-App in 64 Fällen und Anklagen wegen Konten bei der Bank Asya. In 28 Anklageschriften wurden gar Vorwürfe wegen der Teilnahme an religiösen Gesprächszirkeln angeführt.

Strafverfahren wegen Zugehörigkeit zur Gülen-Bewegung

Besonders besorgniserregend ist die Verwendung anonymer Zeugen in 50 der Anklageschriften, was zu einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren führt. Dr. Emre Turkut, Researcher an der Hertie School in Berlin, erklärte in einem Interview gegenüber Bold Medya, dass die untersuchten Anklageschriften nicht den rechtsstaatlichen Verfahren in der Türkei entsprechen würden.

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Er betonte, dass die Anklageschriften oft auf fragwürdigen Quellen, wie Geheimdienstberichten, basieren. Die Verwendung anonymer Zeugen und die Einleitung von Strafverfahren allein aufgrund der Zugehörigkeit zur Gülen-Bewegung untergrüben die Rechtsstaatlichkeit und verletzten die Menschenrechte.

Erosion der Rechtsstaatlichkeit?

Hinzu kommt, dass die Anklageschriften mit Verschwörungstheorien durchsetzt seien, darunter unglaubwürdigen Behauptungen über die Verwendung von Ein-Dollar-Banknoten als Beweis für die Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung. Die Erosion der Rechtsstaatlichkeit zeige sich nicht zuletzt durch den inflationären Einsatz von Ausnahmezuständen und Notstandsverordnungen.

Der Bericht zielt darauf ab, internationale Organisationen wie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und die Vereinten Nationen auf die Missstände in der Türkei aufmerksam zu machen.