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Kultur/Religion

Der World Press Photo Award 2017 geht in die Türkei

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Der renommierte World Press Photo Award geht dieses Jahr in die Türkei: AP-Fotograf Burhan Özbilici erhält ihn für seine Aufnahme des Attentäters Mevlüt Mert Altıntaş, der den russischen Botschafter Andrej Karlow in Ankara ermordete.

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Foto des Attentäter Mevlüt Mert Altintas
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Es war einer der schockierendsten Momente des vergangenen Jahres: Am 19. Dezember wurde der russische Botschafter in der Türkei, Andrej Karlow, bei der Eröffnung einer Foto-Ausstellung in Ankara vor laufenden Kameras erschossen – von einem vermeintlichen Sicherheitsmann. Der Attentäter war der 22-jährige türkische Polizist Mevlüt Mert Altıntaş, der außer Dienst war, sich jedoch mit seinem Polizeiausweis in die Ausstellung geschmuggelt hatte.

Nach den Schüssen stand Altıntaş neben dem leblosen Körper Karlows, den linken Arm in die Luft gestreckt, in der rechten Hand noch die Tatwaffe und rief erst auf Arabisch, dann auf Türkisch Parolen in den Raum: „Vergesst Syrien nicht, vergesst Aleppo nicht! So lange das Blut unserer Geschwister vergossen wird, wird es für euch keine Ruhe geben! Jeder, der einen Anteil hat an diesen Gräuel hat, wird dafür bezahlen!” Kurz zuvor hatte das syrische Regime mit massiver Hilfe Russlands in einer grausamen Schlacht die einstige Rebellenhochburg Aleppo zurückerobert.

Diesen Moment hat der türkische Fotograf Burhan Özbilici festgehalten. Für das Bild erhält Özbilici, der seit 30 Jahren für die Agentur Associated Press arbeitet, nun den World Press Photo Award 2017. Die Jury würdigte das Foto als ein „explosives Bild, das den Hass in unserer Zeit ausdrückt“. Es wurde aus 80 000 Einsendungen von 5000 Fotografen aus 125 Ländern ausgewählt. Der mit 10 000 Euro dotierte Preis wurde dieses Jahr zum 60. Mal verliehen.

Der Attentäter Altıntaş war noch am Tatort von Sicherheitskräften erschossen worden. Die Hintergründe des Anschlags sind nach wie vor nicht endgültig aufgeklärt. Während die türkische Regierung routinemäßig die Gülen-Bewegung beschuldigte, hinter dem Anschlag zu stecken, gingen viele Experten von einer Verbindung zur syrischen Al-Nusra-Front aus, wofür auch die von Altıntaş gebrüllten Parolen sprechen. Ein kurz darauf veröffentlichtes Bekennerschreiben der syrischen Miliz stellte sich jedoch als Fälschung heraus. Die russische Regierung entsandte eine Kommission, um die Hintergründe des Anschlags zu untersuchen.

Fotograf Burhan Özbilici hatte später in einem Blogbeitrag eindringlich beschrieben, wie er das Attentat erlebte: Es sei eigentlich eine Routineveranstaltung gewesen, die Eröffnung einer Fotoausstellung über Russland. Deshalb habe er im ersten Moment gedacht, dass es sich um eine Theatereinlage handelte, als Altıntaş zu schießen begann. „Doch dann brach die Hölle los. Leute haben geschrien, sich hinter Säulen und unter Tischen versteckt und auf den Boden gelegt. Ich hatte Angst und war verwirrt, aber ich habe teilweise Deckung hinter einer Wand gefunden und meinen Job gemacht: Fotos geschossen.“

Der World Press Photo Award gilt als die angesehenste Auszeichnung des internationalen Bildjournalismus und wird von der niederländischen Stiftung World Press Photo verliehen. Die 13-köpfige Jury vergibt neben dem Preis für das Pressefoto des Jahres je drei weitere Preise in zehn Kategorien. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere der seit 1955 ausgezeichneten Photos zu weltweit bekannten Ikonen des Fotojournalismus: So zum Beispiel das Bild eines unbekannten Chinesen, der während des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking eine Gruppe von Kampfpanzern aufhält, indem er sich vor sie stellt, oder das Foto des buddhistischen Mönchs Thich Quang Duc, der sich 1963 in Saigon selbst verbrannte, um gegen die Behandlung der Buddhisten durch die vietnamesische Regierung zu protestieren.

Bereits 1984 ging der Preis an einen türkischen Fotografen: Mustafa Bozdemir fing den erschütternden Moment ein, in dem eine türkische Mutter die leblosen Körper ihrer fünf Kinder findet, die bei einem schweren Erdbeben in der Nähe von Erzurum starben. Don McCullin, einer der international renommiertesten Fotojournalisten aller Zeiten, erhielt den Award 1964 für das Foto einer türkischen Frau, die vom Tod ihres Ehemannes während des Bürgerkrieges zwischen türkischen und griechischen Zyprern erfährt.


Das Pressefoto des Jahres 2017 von Burhan Özbilici in voller Größe:

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