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Gesellschaft

Moschee-Razzia im Morgengrauen: Erdoğan nennt Europa „rassistisch“

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Eine Durchsuchung in einer Berliner Moschee sorgt für länderübergreifende Schlagzeilen. Selbst der türkische Präsident mischt mit und verurteilt Europa.

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Polizei durchsucht Berliner Moschee.
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Eine Durchsuchung in einer Berliner Moschee sorgt für länderübergreifende Schlagzeilen. Auch der türkische Präsident meldet sich zu Wort und verurteilt Europa als rassistisch. Diese Aussagen kann ein ehemaliger Weggefährte des Präsidenten gar nicht nachvollziehen.

Eine Durchsuchung der Berliner Polizei und der Staatsanwaltschaft im Stadtteil Kreuzberg hat hohe Welle geschlagen. Sie fand neben mehreren Unternehmen auch in einer Moschee statt. Der Verdacht: Corona-Subventionsbetrug. Wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch per Twitter mitteilte, seien etwa 7000 Euro Bargeld, diverse Datenträger, Computer und Akten beschlagnahmt worden.

Drei Verdächtige hätten unberechtigt Corona-Soforthilfen beantragt und erhalten. Davon sei das Geld in mindestens einem Fall auf das Konto einer Moschee in Kreuzberg überwiesen worden. Bei der Durchsuchung waren rund 150 Beamte und Polizeihunde im Einsatz.

Der Vorstand der betroffenen Mevlana-Moschee fühlt sich ungerecht behandelt. Der Verein kritisierte in einer Pressemitteilung den Einsatz, der während des Morgengebets stattgefunden haben soll. Man lehne den Vorwurf, der Antrag auf die Corona-Soforthilfe sei unberechtigt gewesen, entschieden ab. In der Pressemitteilung hieß es weiter: „Offene Fragen bezüglich des Antrags hätten durch eine einfache Nachfrage schnell geklärt werden können. Er hätte auch abgelehnt werden können.“ Man habe außerdem nie eine Anfrage von den Behörden oder der Bank erhalten. Bei der Durchsuchung sei neben einer Tür auch eine Spendenbox aufgebrochen worden, obwohl man angeboten habe, diese aufzuschließen. Man werde rechtliche Schritte einleiten.

Einsatz mit 150 Beamten während des Morgengebets maßvoll?

Der Einsatz sorgte auch unter vielen Deutsch-Türken für Unverständnis und Wut. Auf Twitter ärgerten sich Nutzer unter den Kommentarspalten der Tweets von Generalstaatsanwaltschaft und der Berliner Polizei über die Art und Weise des Einsatzes. Es sei respektlos, während des Gebets mit 150 Beamten und Stiefeln die Moschee zu stürmen. Andere Nutzer machten auf die Situation der Moscheen während des Lockdowns aufmerksam. Moscheen seien auf Spendengelder angewiesen und hätten während des Lockdowns anlässlich der Corona-Pandemie schließen müssen.

Türkischer Präsident meldet sich zu Wort

Mit harschen Worten wurde der Einsatz auch über Landesgrenzen hinweg bedacht. Und zwar vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan höchstpersönlich. In einem Tweet zeigte Erdoğan seine Anteilnahme und Solidarität mit der Mevlana-Moschee. Den Einsatz der Polizei verurteilte er als rassistisch. Er kritisiere den Einsatz, weil er „(…) die Glaubensfreiheit vollkommen missachtet und sich ganz offensichtlich von Rassismus und Islamfeindlichkeit nährt, welche Europa jeden Tag etwas näher in die Finsternis des Mittelalters rücken“, so der türkische Präsident.

Ganz Europa werde implodieren, da es von einer „Islamophobie-Krankheit“ zerrissen werde, sagte Erdoğan später auf einem Kongress seiner Partei AKP in Kayseri in Zentralanatolien am Samstag.

Ehemaliger Vertrauter kann Erdoğans Worte nicht nachvollziehen

Zuvor hatte auch das türkische Außenministerium in einer Pressemitteilung das Vorgehen der deutschen Behörden missbilligt. Deutsche Behörden müssten die Tatsache verstehen, „(…) dass Muslime ein integraler Bestandteil Deutschlands sind und der Ausgrenzung und Marginalisierung ein Ende setzen“ , teilte das Ministerium am Donnerstag mit.

Wenig anfangen mit der Reaktion der türkischen Regierung konnte ein ehemaliger Weggefährte Erdoğans. Das frühere AKP-Mitglied Mustafa Yeneroğlu antwortete auf den Tweet seines einstigen Parteivorsitzenden mit einer Reihe von Tweets: „Ich bedanke mich für die Kritik des Staatspräsidenten an der unangemessenen und rechtswidrigen Polizeirazzia in der Berliner Mevlana-Moschee. Als jemand, der bevor er 2015 in die Türkei kam, mehr als 20 Jahre gegen die Islamfeindlichkeit in Deutschland gekämpft hat, habe ich ein paar Worte zu sagen.“

Der Präsident zeige mit seiner Sprache nur, dass er nicht mehr ernst genommen werde und mit populistischen Aussagen nur seine Community und die Gefühle der Türken in Europa bedienen wolle. Erdoğan selbst mache nur das Gegenteil dessen, was er von Europa an Rechtsstaatlichkeit und dem Modell der vielfältigen Gesellschaft erwarte. „Ein Gedankengut, das in seinem eigenen Land die grundlegenden Menschenrechte zerfetzt, die Gesellschaft polarisiert und jene, die ihm nicht zustimmen, zu Feinden macht, kann mit seinen Worten keine Macht haben.“

Die Türkei sorge derzeit eher dafür, dass die Islamfeindlichkeit in Europa ansteige.

Yeneroğlu war lange Jahre Generalsekretär der Milli Görüş Deutschland und galt als loyaler Anhänger und Weggefährte Erdoğans. 2015 wurde er für die AKP in das türkische Parlament gewählt. Der Politiker, der für seine scharfe Zunge bekannt ist, trat dann Mitte 2019 nach Querelen mit seiner Partei zurück. Mittlerweile hat er sich der neuen Deva-Partei des ehemaligen Wirtschaftsministers Ali Babacan angeschlossen.

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