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Gesellschaft

Türkei: Streit um Freitagspredigt von Diyanet-Chef zieht immer größere Kreise

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Der Chef der Religionsbehörde Diyanet in der Türkei hat mit Äußerungen über Homosexualität für Aufregung gesorgt. Die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara leitete am Montag Ermittlungen gegen die Anwaltskammer der Hauptstadt unter anderem wegen der Herabwürdigung religiöser Werte ein, nachdem diese Diyanet-Chef Ali Erbaş scharf kritisiert hatte.

Hintergrund ist die Freitagspredigt Erbaş‘ zu Beginn des Fastenmonats Ramadan am vergangenen Freitag. Darin hatte er gesagt, dass Homosexualität Krankheiten mit sich bringe und Generationen „verrotten“. Er kritisierte zudem Ehebruch und das Zusammenleben unverheirateter Paaren.

Erdoğan: Erbaş-Aussagen nur für Menschen bindend, die sich als Muslime sehen

Die Anwaltskammer in Ankara warf Erbaş daraufhin unter anderem vor, einen Teil der Menschheit mit Hass herabzuwürdigen und diese zum Ziel zu machen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan stellte sich hinter Erbaş und sagte, seine Aussagen seien korrekt, aber nur bindend für Menschen, die sich als Muslime sähen. Für alle anderen handele es sich lediglich um eine Meinung. An die Anwaltskammer gerichtet warnte Erdoğan: „Jeder soll seinen Platz kennen, jeder soll seine Grenzen kennen.“ Es handele sich um einen Angriff auf die Religion und den Staat. Justizminister Abdulhamit Gül und Erdoğan-Sprecher Fahrettin Altun verteidigten den Diyanet-Chef ebenfalls.

Mehmet Bekaroğlu, CHP-Abgeordneter aus Istanbul, distanzierte sich von dessen Aussagen. Niemand habe das Recht, Menschen wegen ihrer Lebensweise öffentlich an den Pranger zu stellen. Was die einzelnen „Lager“ in der Türkei nötig hätten, seien Respekt und Toleranz: „Wir werden nicht alle gleich sein können, wir werden verschieden sein, aber wir werden unseren Weg fortsetzen, indem wir die Werte des anderen respektieren und einander verstehen. Wir haben nur eine Türkei, und so wir in der Vergangenheit zusammengelebt haben, werden wir auch in Zukunft zusammenleben.“

Homosexualität ist in der Türkei nicht verboten. Aktivisten beklagen jedoch immer wieder Diskriminierung. Die traditionelle Gay-Pride-Parade im Zentrum Istanbuls war in den vergangenen Jahren verboten worden. In der Predigt ging Erbaş auch auf den Kampf gegen das Coronavirus ein. Genauso müsse es künftig auch ein weltweites Engagement gegen das Rauchen von Zigaretten und anderen gefährlichen Rauschmitteln geben. Die gesamte Freitagspredigt kann hier nachgelesen werden.

dtj/dpa

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