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Ramadan

Arzneimittel im Ramadan: Was ist erlaubt, was nicht?

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Der islamische Fastenmonat erstreckt sich dieses Jahr auf die Monate April und Mai. Das sind gleichzeitig auch die Monate, in denen die Belastung durch Blütenstaub sehr hoch ist. Für Allergiker, die gleichzeitig fasten (wollen), eine große Herausforderung. Aber auch andere Krankheiten erfordern in der Regel die kurz- oder langfristige Einnahme von Medikamenten. Während des Ramadan stellen sich Betroffene daher oft die Frage: Was ist erlaubt und was nicht? 

Niesen, Schnupfen, tränende Augen, Halskratzen: Pollenallergiker leiden in diesen Wochen besonders, denn derzeit blühen unter anderem Birke, Esche, Flieder und Rotbuche. Der Wind sorgt dafür, dass deren Blütenstaub weit verbreitet wird. Der Körper der Allergiker reagiert auf diese Pollen über und in der Folge kommt es zu einer Einschränkung der Lebensqualität durch die genannten Symptome. Muslime, die Allergiker sind und dennoch fasten (wollen), stellen häufig fest, dass die ohnehin herausfordernde körperliche Verfassung in dieser Situation durch den Verzicht auf Wasser verstärkt werden kann. 

Zur Linderung der Beschwerden steht eine Vielzahl an rezeptfreien Arzneimitteln zur Verfügung. So gibt es verschiedene Augentropfen und Nasensprays, die antiallergisch wirksam sind. Aber auch Tabletten mit den Wirkstoffen Cetirizin oder Loratadin, sowie Abwandlungen dieser, können − einmal täglich angewendet − Abhilfe schaffen. Da diese Tabletten (unabhängig von der Nahrungszufuhr) mit Wasser eingenommen werden, empfiehlt sich für Muslime, die Allergiker sind und nicht auf das Fasten verzichten wollen, eine Einnahme beim Sahur oder Iftar (Fastenbrechen). 

Ohne Rücksprache mit dem Arzt keine Arzneimittel absetzen

Neben Allergien gibt es auch andere chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, chronische Schmerzen, Asthma, Bluthochdruck und psychische Störungen, die die Einnahme von Medikamenten in verschiedenen Darreichungsformen zwingend erforderlich machen. Ein Absetzen der Arzneimittel kann abhängig von der jeweiligen Krankheit lebensgefährlich sein, deshalb sollten Muslime mit chronischen Erkrankungen abwägen, ob ein Fasten sinnvoll ist und in jedem Fall Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt halten. 

Bei einer Reihe von Arzneimitteln kann nach Rücksprache mit dem Arzt oder Apotheker die Uhrzeit der Einnahme an den Ramadan angepasst werden. Schilddrüsenmedikamente können beispielsweise statt einer halbe Stunde vor dem regulären Frühstück vor dem Sahur eingenommen werden. Des Weiteren kann der Arzt bei verordneten Medikamenten unter Umständen auch die Dosierung anpassen oder auf einen anderen Wirkstoff ausweichen. Bei einigen Arzneimitteln, die beispielsweise dreimal täglich angewendet werden, gibt es Alternativen, die langfristig wirken und nur einmal täglich eingenommen werden müssen. Dies ist allerdings immer eine individuelle Entscheidung des Arztes, die unter anderem auch von weiteren Erkrankungen, der körperlichen Verfassung des Patienten sowie potenziellen Wechselwirkungen abhängig ist.

Fasten als Diabetiker: Schwerwiegende Komplikationen möglich

Besonders kritisch kann die Situation bei Patienten mit Diabetes mellitus sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt: „Bei Gesunden bringt das Fasten häufig gesundheitliche Vorteile wie eine Gewichtsabnahme oder eine Verbesserung der Blutlipidwerte. Im Gegensatz dazu kann sich das Fasten bei Diabetikern möglicherweise negativ auf die Gesundheit auswirken. Denn neben dem Mahlzeitenprofil werden im Ramadan auch die Schlafgewohnheiten und der zirkadiane Rhythmus verändert. Das wirkt sich auch auf die Mechanismen, die die Glucosehomöostase [Anm. d. Red.: Blutzuckerregulation] steuern, aus.“ 

Veränderungen in der Menge der Nahrungszufuhr und/oder der Flüssigkeitszufuhr bei Diabetikern können das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen erhöhen. Mögliche Folgen können dann eine Unterzuckerung, ein Flüssigkeitsverlust und eine schwerwiegende Entgleisung des Stoffwechsels sein. Fastenden Diabetikern empfiehlt die DGE vor dem Fasten ärztlichen Rat einzuholen, im Falle des Fastens bereits morgens vor Sonnenaufgang viel Flüssigkeit zuzuführen und den Blutzucker in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Da der Koran in Notfallsituationen erlaubt, das Fasten zu unterbrechen, sollten Diabetiker immer Traubenzucker bei sich haben, um Unterzuckerungen beheben zu können. Vorsicht ist auch geboten bei Datteln. Da diese zuckerreich sind, sollten fastende Diabetiker beim Iftar maximal drei Stück (normaler Größe) essen.

Diese Arzneiformen sind „fastenkonform“

Die überwiegende Mehrheit der religiösen Türken sind sunnitische Muslime hanafitischer Rechtsschule. Deren Interessen vertritt in der Türkei das „Präsidium für Religionsangelegenheiten“, auf türkisch „Diyanet“. Der Ableger in Deutschland ist die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), die zudem die größte sunnitisch-islamische Organisation hierzulande ist. Diyanet beantwortet auf der eigenen Website die häufig gestellten Fragen zum Fasten und geht dabei auch auf die Arzneimitteleinnahme ein. Demnach sind Asthmasprays, Augen-, Nasen- und Ohrentropfen, Sublingualtabletten zur Vermeidung/Akuttherapie eines Herzinfarkts, Zäpfchen, medizinisch notwendige Impfungen, Insulinspritzen (abhängig von der Art der Anwendung) sowie Cremes, Salben und wirkstoffhaltige Pflaster erlaubt.

Der Religionsanstalt zufolge sind diese Darreichungsformen während des Fasten erlaubt, da sie zum einen den Magen nicht oder nicht in nennenswerter Menge erreichen und auch nicht zum Zwecke der Nahrungsaufnahme dienen. Injektionen hingegen, die auf eine Stärkung des Körpers hinzielen, beispielsweise Vitamin-Spritzen, seien nicht erlaubt und machten das Fasten ungültig.

Das islamische Fastengebot gilt zwar als eine Pflicht für den geistig und körperlich gesunden Muslim, dennoch gibt es Ausnahmeregelungen. So dürfen Reisende, Kranke, Schwangere, Stillende und Menstruierende sowie alte Leute auf das Fasten verzichten (Koran 2, 183–185), wenn körperliche (Folge-)Schädigungen zu erwarten sind. Im Islam wird der Erhaltung der Gesundheit ein hoher Stellenwert beigemessen, nicht zuletzt wird der Körper als ein anvertrautes Gut („Emanet“) von Gott betrachtet, das es gut zu behandeln und pflegen gilt. Chronisch kranke Muslime sollten daher eine Nutzen-Risiko-Analyse für sich machen, ob das Fasten trotz möglicher gesundheitlicher Schäden für sie sinnvoll ist und im Einklang mit der islamischen Werteordnung steht.

Wichtiger Hinweis der Redaktion:

Auch wenn diese Informationen nach wissenschaftlichen Standards recherchiert und fachlich begutachtet wurden, dürfen sie auf keinen Fall als Ersatz für professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte sowie Apotheker angesehen werden. Beachten Sie unbedingt die Gebrauchsinformationen der Hersteller bezüglich der Medikamente, da sie wichtige Hinweise zur Anwendung, Dosierung, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Wechselwirkungen geben. Der Inhalt des Artikels kann und darf nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen, Behandlungen anzufangen oder diese durch Dosisanpassung zu ändern oder gar abzubrechen. Das DTJ übernimmt keine Haftung für Schäden, die hierdurch resultieren.

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