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Wirtschaft

Türkische Wirtschaft in der Krise: Stabile Lira, gefährliche Turbo-Inflation

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Der Verfall der Türkischen Lira ist gestoppt. Dennoch kämpft das türkische Volk mit steigenden Preisen und einer galoppierenden Inflation. Indes schiebt der Präsident die Schuld auf Andere – und plant eine Mondmission.

Die Wirtschaft der Türkei steckt in der Krise. Gründe dafür gibt es viele: Die Arbeitslosigkeit steigt stetig und die Preise für Grundnahrungsmittel schwanken stark. Indes bleiben die Lösungsideen der türkischen Regierung weitgehend wirkungslos. Und vor allem die Turbo-Inflation sehen Experten als hohes Risiko.

Einen Lichtblick gibt es doch: die nationale Währung Lira. Sie steigt wieder – und das seit Monaten. Überraschend erhöhte die türkische Zentralbank den Leitzins im November von 10,25 auf 15 Prozent – im Dezember ging er ein weiteres Mal auf dann 17 Prozent hoch. Mit ihm ging der Kurs der Währung hoch (DTJ-Online berichtete).

Anleger decken sich in Erwartung weiterer Zinserhöhungen durch die Zentralbank derweil mit der Landeswährung Lira ein. Das lässt die Dollar- und Euro-Kurse deutlich fallen. Sie gaben am Montag um jeweils mehr als einen Prozent nach und sanken auf ein Fünfeinhalb-Monats-Tief von 6,9495 beziehungsweise 8,4180 Lira. Experten der US-Bank Morgan Stanley gehen „ntv“ zufolge davon aus, dass der Leitzins spätestens im April auf 18 Prozent angehoben wird.

Lira-Hoch und Turbo-Inflation

Bislang macht sich der Aufschwung der Lira aber nicht wirklich bemerkbar. Denn die Geldbeutel der Türk:innen sind leer – auch weil das Preisniveau aufgrund der galoppierenden Inflationsrate enorm stieg. Mittlerweile liegt sie bei 14,97 Prozent (in der Eurozone sind es lediglich 1,0 Prozent). Das ist der höchste Wert seit August 2019.

Der Anstieg der Preise ist besonders bei Lebensmitteln zu spüren. Sie sind in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt. Den dramatischen Preisanstieg dokumentieren nun auch Zahlen des Verbraucherpreisindex, der vom Türkischen Statistikamt (TÜIK) jährlich herausgegeben wird. Besonders die Preise für Gemüse, Obst, Eier, Öl und Milch sind enorm gestiegen. In der Corona-Krise bringt dies viele Haushalte in Bedrängnis.

Wer trägt Schuld an der Lebensmittel-Krise?

Präsident Recep Tayyip Erdoğan reagiert auf die Krise mit altbekannten Mustern: Er macht Andere dafür verantwortlich. Zuletzt schoss er gegen Einzelhändler, die seiner Ansicht nach die Preise manipulierten. Für ein solches Vergehen kündigte er „harte Strafen“ an. Er könne schließlich „die Unterdrückung der Bürger nicht tolerieren“, sagte er.

Die Lebensmittel-Krise ist hochpolitisch. Denn Kritiker zweifeln an dem Manipulationsvorwurf. Eigentlich gibt es in der Türkei perfekte Bedingungen für eine produktive Landwirtschaft. Dennoch müssen Obst und Gemüse häufig importiert werden. Das liegt nicht nur an der Inflation.

Mondpreise und Mondmission

Experten bemängeln auch, dass die islamisch-konservative AKP-Regierung in den vergangenen Jahren nahezu ausschließlich in den Bau- und Dienstleistungssektor investiert habe. Der wichtige Agrarsektor sei vernachlässigt worden. Hinzu kommt: „Landwirtschaftliche Flächen wurden dem Bau geopfert, um große Wohnprojekte zu bauen“, stellt der Wirtschaftswissenschaftler Barış Soydan in der Deutschen Welle fest.

Ankaras mindestens fragwürdige Investitionspolitik lässt sich auch in Erdoğans neuestem Lieblingsprojekt erkennen: die türkische Mondmission (DTJ-Online berichtete). Während die Menschen in der Türkei zunehmend an Hunger leiden, träumt der Präsident vom Mond. Das gigantomanische Raumfahrtprojekt wird Unsummen verschlingen. Geld, das in den Augen vieler beim Ausbau der Landwirtschaft und der Nahrungssicherheit der türkischen Bevölkerung besser investiert wäre.

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