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Politik

„Adler-“ und „Tigerkralle“: Türkei weitet Anti-PKK-Operationen im Nordirak aus

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PKK-Kämpfer mit Flugabwehrrakete
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Seit Jahrzehnten bekämpft die Türkei die PKK im Nordirak. Mitte Juni begann sie neue Militäroperationen und baute seitdem ihren Einfluss in der Region aus. Der Irak protestiert, ist aber machtlos.

Mit neuen Luftangriffen hat die Türkei ihre Militärkampagne gegen die kurdische Terrororganisation PKK im Norden des Nachbarlandes Irak fortgesetzt. Kampfjets zerstörten dort nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums in zwei Regionen „Terrorziele“, wie die Nachrichtenagentur Anadolu am Samstag meldete. Dabei seien drei PKK-Kämpfer getötet worden. Weitere Einzelheiten nannte das Verteidigungsministerium zunächst nicht.

Seit Juni neue Offensive

Die Türkei hatte im Juni die Luft- und Bodenoffensiven „Adlerkralle“ und „Tigerkralle“ im Nordirak begonnen. Sie richten sich gegen die PKK, die in den dortigen schwer zugänglichen Kandil-Bergen ihr Hauptquartier hat. Die Organisation ist in der Türkei sowie in Europa und den USA als Terrororganisation eingestuft. PKK-Chef Abdullah Öcalan sitzt seit mehr als 20 Jahren in der Türkei in Haft.

Die Türkei fliegt unter anderem Luftangriffe in den Kandil-Bergen, in Sindschar und in einer von der Türkei als Haftanin bezeichneten Grenzregion im Nordirak und setzt Bodentruppen ein. Irakischen Medienberichten zufolge hat die türkische Armee ihren Einfluss in der Region seit Beginn der neuen Offensive ausgebaut. So seien seitdem zwölf weitere Militärbasen im Nordirak errichtet worden, meldete die irakisch-kurdische Nachrichtenseite Rudaw am Freitag. Insgesamt gebe es damit im irakischen Grenzgebiet 36 türkische Stützpunkte.

Duldung durch die autonome Kurdenregion, Machtlosigkeit der irakischen Zentralregierung

Die betroffene Region gehört zu den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak. Die kurdische Regionalregierung in Erbil pflegt generell gute Beziehungen zu Ankara. Sie zeigte sich nach dem Beginn der Operation im Juni besorgt und rief die Türkei auf, die Souveränität des Iraks zu wahren. Zugleich forderte sie aber von der PKK, die betroffenen Gebiete zu verlassen, um Spannungen zu vermeiden. Manche Beobachter gehen davon aus, dass es eine stillschweigende Übereinkunft zwischen den Regierungen in Ankara und Erbil gibt.

Die Militäroperation belastet das Verhältnis zwischen dem Nato-Land Türkei und der irakischen Zentralregierung in Bagdad, hat aber bisher keine größere Krise ausgelöst. Das irakische Außenministerium verurteilte die Angriffe und bestellte den türkischen Botschafter ein. Das Präsidialamt in Bagdad warf der Türkei vor, mit der Militäraktion die staatliche Souveränität des Iraks zu verletzen. Die irakische Armee verstärkte Medienberichten zufolge ihre Grenzposten.

Tatsächlich aber steht Iraks Regierung den türkischen Aktivitäten machtlos gegenüber, weil ihr in der Region der militärische Einfluss fehlt, um sie zu stoppen. Zudem ist sie derzeit vor allem mit einer schweren Wirtschaftskrise, der Corona-Pandemie und dem weiteren Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beschäftigt.

Seit dem Ende des Waffenstillstandes 2015: Mehr als 5000 Tote

Der türkische Staat und die PKK bekämpfen sich seit Jahrzehnten. Im Juli 2015 war ein Waffenstillstand gescheitert. Seitdem fliegt das türkische Militär wieder regelmäßig Angriffe auf die PKK im Nordirak und in der Südosttürkei. Die PKK wiederum verübt Anschläge. Mit der neuen türkischen Kampfdrohne Bayraktar TB2 dürfte die Intensität des Langzeitkonfliktes noch mal zunehmen, worüber DTJ schon berichtete.

Nach Angaben der Denkfabrik International Crisis Group starben in dem Konflikt seit dem Ende des Waffenstillstands mehr als 5000 Menschen. Darunter seien rund 1200 Sicherheitskräfte, 3000 PKK-Kämpfer sowie fast 500 zivile Todesopfer. Die Zivilisten seien vor allem bei Gefechten zwischen den beiden Seiten in der Südosttürkei oder bei Bombenanschlägen der PKK getötet worden.

dpa/dtj

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