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Gesellschaft

Köln: Hartes Vorgehen gegen Täter gefordert, aber kein Generalverdacht für Flüchtlinge

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Mitten in Köln und trotz Polizeipräsenz wurden der Silvesternacht Frauen sexuell belästigt und ausgeraubt. Rufe nach Konsequenzen und hartem Vorgehen werden laut. Mit Blick auf den nahenden Straßenkarneval wird manchen mulmig.

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Die schockierenden Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht haben Abscheu und Empörung sowie Kritik an der Polizei ausgelöst. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kündigte am Dienstag ein hartes Vorgehen gegen die Täter an. Polizei und Stadt berieten auf Initiative von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) Maßnahmen, um solche „ungeheuerlichen Vorfälle“ künftig zu verhindern.

Nach Polizei-Angaben hatten sich am Silvesterabend auf dem Bahnhofsvorplatz aus einer Ansammlung von etwa 1000 Männern mehrere Gruppen gebildet, die Frauen umzingelten, bedrängten und ausraubten. Zeugen hätten die Angreifer als Männer beschrieben, die „dem Aussehen nach aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum“ stammen. Polizeipräsident Wolfgang Albers sprach von Sexualdelikten in sehr massiver Form und einer Vergewaltigung. Die Zahl der Anzeigen stieg am Dienstag auf fast 100. Die genauen Umstände blieben zunächst ungeklärt.

De Maizière: Flüchtlinge dürfen nicht unter Generalverdacht geraten

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verurteilte die Angriffe als abscheuliche Taten. „Dass eine so große Zahl von Personen, offensichtlich mit Migrationshintergrund, diese Übergriffe verübt haben sollen, stellt eine neue Dimension dar.“ Zugleich mahnte er: „Dies darf aber nicht dazu führen, dass nunmehr Flüchtlinge gleich welcher Herkunft, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, unter einen Generalverdacht gestellt werden.“

NRW-Regierungschefin Kraft sprach von „Eskalation der Gewalt“ und sexuellen Übergriffen „durch Männer-Banden“. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte sie: „Für die Opfer, insbesondere die betroffenen Frauen, waren das schreckliche, zutiefst verstörende Erlebnisse.“ Wenn die Voraussetzungen gegeben seien, müssten kriminelle Straftäter abgeschoben werden.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) betonte: „Wir nehmen es nicht hin, dass sich nordafrikanische Männergruppen organisieren, um wehrlose Frauen mit dreisten sexuellen Attacken zu erniedrigen.“ Die Polizei müsse zur Abschreckung Präsenz zeigen, sagte Jäger der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei werde neue Konzepte für die Karnevalszeit erarbeiten, um solche Vorkommnisse künftig zu verhindern. „Das sind wir den Frauen schuldig und zugleich den nordafrikanischen Flüchtlingen, die friedlich bei uns leben wollen.“

Die Zeit für vorbeugende Maßnahmen und überarbeitete Sicherheitskonzepte drängt. Schon Anfang Februar werden zu Weiberfastnacht und Rosenmontag mehrere hunderttausend Besucher erwartet. Die Kölner OB Reker betonte laut Stadt-Sprecher Gregor Timmer, dass sie in erster Linie Kölner Polizei und Bundespolizei in der Pflicht sehe, entsprechende Schritte einzuleiten. „Die Oberbürgermeisterin kann und wird nicht akzeptieren, dass sich hier ein rechtsfreier Raum bildet.“

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verlangte auf Twitter, nach den „abscheulichen Übergriffen“ müssten alle Täter konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Der CDU-Politiker Jens Spahn forderte via Twitter einen gesellschaftlichen „Aufschrei“.

Versagen der Polizei?

Nach Polizeiangaben sollen alle verfügbaren Einsatzkräfte in der Nacht vor Ort gewesen sein. Das seien in Spitzenzeiten insgesamt rund um den Hauptbahnhof gut 210 Beamte gewesen. Dennoch gab es weiter Kritik und viele offene Fragen zu dem Einsatz. Augenzeugen berichteten in mehreren Medien, die Polizei sei überfordert gewesen. Die Stimmung sei aggressiv gewesen.

Der Chef der NRW-Grünen, Sven Lehmann, verlangte: „Aufgeklärt werden muss auch, warum die Polizei in Köln erneut von einer aggressiv auftretenden Menschenmenge derart überrascht wurde.“ Zudem stellte er klar: „Gewalt und Übergriffe müssen tabu sein. Egal, welchen Pass die Täter bei sich tragen.“

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, mahnte eine lückenlose Aufklärung der Vorkommnisse an – und mehr Personal. „Was wir brauchen, ist eine starke Polizeipräsenz vor Ort.“ Die Polizei benötige auch Videoüberwachung, man solle sich aber nicht der „Illusion“ hingeben, damit Tätern „individuell und konkret Straftaten“ nachweisen zu können.

Auch die Polizei in Hamburg ermittelt wegen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht, mit geringerem Ausmaß als in Köln. Die Opfer seien jeweils von mehreren Männern an der Reeperbahn umringt und an der Brust oder im Intimbereich begrapscht worden, sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Dienstag. Zugleich hätten ihnen die Täter Handys, Papiere und Geld weggenommen. Bislang seien zehn Fälle angezeigt worden. (dpa/dtj)