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Wirtschaft

Immer noch große Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen

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Mit durchschnittlich 22 Prozent Lohnunterschied bildet die Bundesrepublik eines der Schlusslichter in der Europäischen Union. Unterm Strich verdient aber keine Frau so viel wie ein Mann, selbst Spitzenmanagerinnen bekommen weniger. (Foto: dpa)

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Die Beine und Füße von Männern in dunklen Anzügen und einer Frau mit hochhackigen Schuhen, aufgenommen am 13.05.2013 während einer Kaffeepause bei den Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstagen in Sao Paulo (Brasilien).
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Überraschen kann diese Nachricht nicht mehr: Frauen verdienen durchschnittlich 22 Prozent weniger als Männer in vergleichbaren Positionen – das meldete kürzlich das Statistische Bundesamt in seiner alle vier Jahre veröffentlichten Verdienststrukturerhebung. Der so genannte „Gender Pay Gap“ hat sich damit im Vergleich zu 2006 nur um einen Prozentpunkt verringert. Warum das so ist, können Statistiker und Sozialwissenschaftler nur zum Teil erklären.

Am 21. März war der Equal Pay Day in Deutschland. Das Datum markiert das Ende jenes Zeitraums, den Frauen in einem Land über das Jahresende hinaus arbeiten müssen, um auf das Vorjahresgehalt ihrer männlichen Kollegen zu kommen. Das teilte das Statistische Bundesamt anlässlich des Aktionstags mit. Der durchschnittliche Bruttolohn der Frauen lag pro Stunde bei 15,56 Euro, während Männer auf 19,84 Euro kamen.

Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen reicht bis ins Top-Management. Grundsätzlich haben viele Frauen andere Entgeltansprüche als Männer. Das gilt natürlich nicht für jede einzelne Managerin, aber insgesamt von der Geschlechtsgruppe her betrachtet lässt sich da doch eine Tendenz erkennen. Frauen definieren ihren Wert im Unternehmen weniger als Männer alleine über das Einkommen, ihnen sind häufiger die Rahmenbedingungen wichtiger als etwa Bonuszahlungen oder der nächstgrößere Firmenwagen. Das zeigte kürzlich auch eine Studie des Verbands der Unternehmerinnen.

Auch in traditionellen Frauenberufen werden Männer besser bezahlt

Einer der Gründe für den Lohnunterschied sind eineinhalb Jahrhunderte konservativer Gesetzgebung in Deutschland. Sowohl bei Bismarck im Deutschen Kaiserreich als auch unter Adenauer nach dem Zweiten Weltkrieg sahen die Gesetze und auch die Gesellschaft den Mann als Alleinverdiener vor. Frauen überbrückten die Zeit bis zur Heirat mit sozialen Berufen ohne Karriereperspektive. Diese Vorstellungen haben sich anscheinend im kollektiven Bewusstsein verankert. Bis heute basiert der geschlechtsspezifische Lohnunterschied auf diffusen Vorstellungen der Höherwertigkeit männlicher Arbeitsleistung.

Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass selbst in sogenannten Frauenberufen Krankenpfleger mehr verdienen als Krankenschwestern. Im Schnitt ist das Gehalt von Frauen bei gleicher Position um 7 Prozent geringer. Hinzu kommen Berufsunterbrechungen durch die Familienplanung. Gerade in Westdeutschland sind diese in Kombination mit Teilzeitjobs typisch für Frauen, sodass der Einkommensvorsprung der Männer nicht mehr einzuholen ist. Das führt im Alter zum Gender Pension Gap: Frauen erhalten aufgrund ihres geringeren Verdienstes auch weniger Rente.

Die deutlichen Lohnunterschiede wurzeln auch in Branchen- und Berufswahl der Frauen. Sie suchen nach Stellen, die gut mit der Familienplanung zu vereinbaren sind. Außerdem wechseln Frauen seltener den Job als Männer. Ziel der Männer ist es, ihre Karriere voranzutreiben und in eine höhere Gehaltsstufe zu wechseln. Die größere Bescheidenheit der Frauen wirkt sich auch in Verhandlungen aus. Bei einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, was ein gerechter Lohn sei, gaben Frauen im Schnitt eine um 25 Prozent geringere Summe an als die befragten Männer.

Verhältnismäßig gleichwertige Bezahlung in Süd- und Osteuropa

Auch in der gesamten EU verdienen Frauen weniger als Männer: durchschnittlich 16,2 Prozent. Die Europäische Kommission kommentierte dies wie folgt: „Frauen in Europa arbeiten 59 Tage ‚unentgeltlich‘.“ Daten der Antidiskriminierungsstelle zeigen, dass die Lohnunterschiede in Italien, Malta, Rumänien und Slowenien unter 9 Prozent liegen. In allen anderen EU-Ländern sind die Lohnunterschiede höher. Schlechter als in Deutschland werden jedoch nur Frauen in Estland und Österreich bezahlt. Der Lohnunterschied in Österreich beträgt zum Beispiel 24 Prozent und Estland ist mit 27,7 Prozent negativer Spitzenreiter.

In Lateinamerika ist der Lohnunterschied noch weitaus deutlicher: Frauen verdienen hier lediglich 44 bis 77 Prozent der durchschnittlichen Männerlöhne, wenn sie überhaupt in den Arbeitsmarkt integriert sind. Ein positives Gegenbeispiel sind die USA: Hier verdienen junge, gut ausgebildete Frauen in Großstädten wie New York, Los Angeles und Chicago zum Teil bis zu 40 Prozent mehr als die Männer. In demokratisch regierten Bezirken ist dieser Trend ausgeprägter als in konservativ regierten Bezirken.