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Gesellschaft

Schwarz oder Weiß, Muslim oder Christ: Wir beten alle zu einem Gott

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Am Mittwoch bereiteten sich Muslime weltweit auf den Ramadan vor, einer Zeit voller Liebe und Vergebung. Doch zeitgleich erlebte die christliche Welt an diesem Abend ein Attentat des Hasses. (Foto: dpa)

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Ein weißer Attentäter geht in die Kirche einer schwarzen Gemeinde und tötet neun Menschen aus Hass.
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Für die Muslime weltweit begann vergangenen Donnerstag der Ramadan, der heiligste Monat des ganzen Jahres und somit auch die Fastenzeit. Eine Zeit, in der man nicht nur auf Essen und Trinken verzichtet, es ist auch die Zeit der Vergebung, der Barmherzigkeit und der Ehrfurcht. An einem Abend zuvor, an dem sich alle Muslime auf diesen heiligen Monat vorbereiteten und voller Vorfreude waren, erlebte die christliche Welt ein Attentat des Hasses.

Was anfangs nach einem friedlichen Bild aussah, entpuppte sich als ein Massaker. Ein 21-jähriger weißer Mann geht am Mittwochabend in die Emanuel African Methodist Episcopal Church, die Kirche einer afroamerikanischen Gemeinde in Charleston, South Carolina und schießt willkürlich auf Menschen und tötet neun von ihnen. Sein Motiv: Hass.

Auch ich bereitete mich an diesem Abend auf den Ramadan vor. Ich saß mit meiner Familie zusammen und wir sprachen voller Vorfreude darüber, was uns in diesem Monat erwarten würde. Das erste Tarawih-Gebet stand auch an diesem Abend an und es war doch eine kleine Aufregung zu spüren. Es war jedes Jahr etwas Besonderes und ich war dankbar für die Chance, mich mit zusätzlichen Gebeten Gott widmen zu können. Als ich in mein Zimmer ging, um mich auf das Gebet vorzubereiten, hörte ich von dem Anschlag in South Carolina. Anfangs konnte ich nicht glauben, was ich gerade gelesen hatte und recherchierte nach weiteren Informationen. Tatsächlich: Ein Mann war in ein Gotteshaus gegangen und hatte es gewagt, Menschen zu ermorden – Menschen, die gerade friedlich dabei waren zu beten – genau das, was ich gerade auch vorhatte.

Niemand hat es verdient zu sterben

Ich wusste nicht, ob ich anfangen sollte zu weinen oder zu lachen. In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der Menschen so voller Hass erfüllt sind? Und dann ein Mann, der am Anfang seines Lebens stand, der kaum etwas von der Welt gesehen hatte und dem so viel bevor stand. Warum musste er es mit so einer abscheulichen Tat beginnen? Und es interessiert mich nicht, ob er eine schlechte Kindheit erlebt hatte oder sonstiges. Ich bin es leid, mir diese Ausreden anhören zu müssen. Niemand hat das Recht einen Menschen aus welchem Grund auch immer zu töten! Niemand hat es verdient zu sterben!

Das Schlimmste an allem ist, dass er sich nicht einmal schämte, diese Menschen in ihrem eigenen Gotteshaus umzubringen. Wer weiß, wofür diese Menschen gebetet hatten, aus Dankbarkeit, um Vergebung, für Gesundheit und Erfolg? Wir werden es nicht erfahren. Genau wie das Attentat in North Carolina wurde auch hier das Leben unschuldiger Menschen auf einen Schlag beendet. Menschen, die mitten im Leben standen und Pläne hatten, die sie niemals umsetzen können. Doch auch wenn es für die Familien besonders schwer sein wird, weiß ich, dass ihre Liebsten nun an einem besseren Ort sind.

„Liebe deinen Nächsten“

Dass solche schrecklichen Ereignisse noch passieren, zeigt, dass wir noch sehr viel an uns und unserer Umwelt arbeiten müssen. Dieser Hass muss aus den Herzen der Menschen verschwinden. Kein Mensch ist höher gestellt als ein anderer. Kein Weißer besser als ein Schwarzer, kein Muslim besser als ein Christ, und kein Arzt besser als ein Verkäufer – an erster Stelle sind wir alle Menschen und alle von einem Gott erschaffen. Wie viele Muslime wohl zeitgleich gebetet haben, während diese Menschen in ihrer Kirche beteten? Jeder auf seine Art, doch alle für Gott. Ist es nicht schöner, das Gemeinsame zu suchen, anstatt stets auf die Unterschiede zu zeigen?

Sowohl die Bibel als auch der Koran fordern uns zur Nächstenliebe auf: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (1. Buch Mose = Levitikus 19/17-18) und „Dies ist es, wovon Allah Seinen Dienern, die glauben und gute Werke tun, die frohe Botschaft gibt. Sprich: ‚Ich verlange von euch keinen Lohn dafür, es sei denn die Liebe zu den Verwandten (Nächsten).‘ Und dem, der eine gute Tat begeht, verschönern Wir sie noch. Wahrlich, Allah ist allverzeihend, dankbar“ (Ash-Shura, 42:23). Wenn Gott barmherzig und allvergebend ist, warum sollten wir Menschen es nicht auch sein?