Politik
Das Trump-Erdoğan-Telefonat: Der Beginn einer großen Freundschaft?
Die Atmosphäre zwischen US-Präsident Trump und seinem türkischen Amtskollegen Erdoğan scheint entspannt. In ihrem ersten Telefonat tauschten sie viele Freundlichkeiten aus. Doch es gibt auch kritische Themen.
US-Präsident Donald Trump und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdoğan haben am Dienstag erstmals persönlich miteinander gesprochen – und dabei anscheinend viele Freundlichkeiten ausgetauscht. In einem Telefonat haben sie sich nach Angaben des Weißen Hauses gegenseitig der engen Partnerschaft beider Länder versichert und über die langen, engen Beziehungen ihrer Staaten gesprochen. Außerdem hätten sie die Absicht geteilt, Terrorismus in jeder Form bekämpfen zu wollen. Die türkische Staatsagentur Anadolu berichtete, beide hätten zudem vereinbart, dass der neue CIA-Chef, Mike Pompeo, am Donnerstag die Türkei besuche. Es ist seine erste Auslandsreise im neuen Amt.
Laut Anadolu verlief das Gespräch in einer „ausgesprochen positiven und aufrichtigen Atmosphäre“. Erdoğan habe Trump Erfolg in seiner Amtszeit gewünscht. Er habe allerdings auch zum Ausdruck gebracht, dass er von den USA Unterstützung im Kampf gegen die Gülen-Bewegung erwarte, die Erdoğan für den Putschversuch im vergangenen Jahr verantwortlich macht. Der Anführer der Bewegung, der islamische Prediger Fethullah Gülen, lebt im US-Bundesstaat Pennsylvania. Die Türkei fordert seine Auslieferung, bisher haben die amerikanischen Behörden jedoch darauf verwiesen, dass gerichtsfeste Beweise dafür nötig seien, die die Türkei bisher nicht geliefert hat.
Trump begrüßte nach Angaben des Weißen Hauses den türkischen Beitrag im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Auch die türkische Armee geht seit vergangenen August gegen den IS in Syrien vor. Er versicherte der Türkei außerdem die Unterstützung der USA als strategischer Partner und Nato-Alliierter.
Erdoğan betonte laut Anadolu, dass die Türkei gegen die Unterstützung der USA für die Kurdenmilizen der YPG sei, die sich mit arabischen Einheiten zu den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zusammenschlossen haben und in Syrien gegen den IS kämpfen. Die YPG ist der türkischen Führung ein Dorn im Auge, weil sie enge Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei haben. Umfangreiche Lieferungen von militärischem Material, darunter gepanzerten Fahrzeugen, in den letzten Wochen deuten jedoch darauf hin, dass Trump die Zusammenarbeit mit der YPG eher intensivieren will.
„Wenn sie jemanden einen Diktator nennen, dann ist dieser meiner Ansicht nach gut“
Das Verhalten der türkischen Regierung gegenüber der neuen US-Administration hatte in der Türkei zuletzt für Verwirrung gesorgt. Denn während es zum rhetorischen Standardrepertoire Erdoğans gehört, sich als Verteidiger der Muslime weltweit und Kämpfer gegen Islamophobie zu präsentieren, blieb er gegenüber Trumps offener Islamfeindschaft auffällig ruhig. Selbst die international heftig kritisierte Einreisesperre für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern stieß bei der türkischen Regierung nur auf wenig Kritik.
„Zu mir kommen sie auch und sagen ‘Schau, Trump redet gegen Muslime, Trump redet gegen den Islam.’ Das sind wir in der Politik gewohnt. Wenn man heute so spricht und es falsch ist, kann man das in Ordnung bringen“, hatte sich Erdoğan nach Trumps Wahl ungewohnt nachsichtig geäußert. Bei Angela Merkels Besuch am letzten Donnerstag hingegen hatte Erdoğan westliche Regierungen dafür kritisiert, den Begriff „islamistischer Terrorismus“ überhaupt zu benutzen. Die Proteste in den USA nach Trumps Wahl, auf denen der neue Präsident zum Teil als Diktator beschimpft wurde, hatte Erdoğan wiederum scharf kritisiert: „Wenn sie jemanden einen Diktator nennen, dann ist dieser meiner Ansicht nach gut.“
Manche Experten vermuten hinter dieser offen zur Schau gestellten Gelichgültigkeit gegenüber Trumps islamophoben Einstellungen rein pragmatische Erwägungen: Angesicht der Erwartungen bezüglich der Auslieferung Fethullah Gülens und der Einstellung der Unterstützung für die YPG wolle es sich die türkische Regierung nicht schon zu Beginn von dessen Amtszeit mit Trump verscherzen, schreibt beispielsweise der Journalist Mustafa Akyol. Darüber hinaus sieht er jedoch noch eine tiefergehende Affinität der beiden Staatsmänner zueinander: „Sowohl Erdoğan als auch Trump repräsentieren einen nationalistischen, nativistischen, populistischen Schlachtruf gegen die liberale globale Ordnung und das schafft eine Gemeinsamkeit zwischen beiden. Die Tatsache, dass Trump sich gegen den Islam stellt, während Erdoğan sich für ihn einsetzt, ist offensichtlich nicht wichtig genug, um diese neue transatlantische Verbindung zu zerstören.“ (mit Material von dpa)