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Gesellschaft

Der Drogenhändler, der jetzt die Moschee reinigt: „Ich bin zufrieden mit meinen Fußfesseln“

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Uğur Bıyıklıoğlu reinigt in Istanbul eine Moschee, unentgeltlich. Dabei ist er ein verurteilter Drogenhändler. Das ist Teil seines Resozialisierungsprogramms.In der Türkei setzen sich Fußfesseln als Mittel des Strafvollzugs zusehends durch.

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Uğur Bıyıklıoğlu
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Gefängnisstrafen sollen Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, bestrafen. Aber auch der Gedanke der Resozialisierung, die Rückführung der Verurteilten zurück in die Gesellschaft, drängt sich mehr und mehr in den Vordergrund, auch in der Türkei. Mit dem sogenannten Hausarrest und Fußfesseln werden die Gefängnisinsassen allmählich an das Leben draußen herangeführt.

Einer dieser Gefängnisinsassen ist der 50-jährige Istanbuler Uğur Bıyıklıoğlu. Einem Bericht der Online-Zeitung Radikal zufolge verbringt er das letzte Jahr seiner Gefängnisstrafe mit Fußfesseln in der Freiheit und säubert in Istanbul eine Moschee. Mit seiner Situation zeigt er sich zufrieden. „Mehr Gefängnisinsassen sollten von der Praxis mit Fußfesseln Gebrauch machen dürfen“, findet er.

Uğur Bıyıklıoğlu wurde 2009 wegen Drogenhandels zu sechs Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Die ersten vier Jahre saß er im geschlossenen Vollzug, das fünfte Jahr hat er im offenen Vollzug verbracht. Das letzte Jahr hingegen kann er zuhause mit Fußfesseln verbringen. Dabei muss er zwischen 21 und 7 Uhr zuhause sein. Tagsüber muss er bei Reinigungsarbeiten in der Moschee anwesend sein. Vier Mal in der Woche muss er in der Polizeiwache erscheinen und mit einer Unterschrift seine Anwesenheit dokumentieren. Ferner muss er laut Gesetz in ein zeitlichen in Abständen von 40-45 Tagen an acht Konferenzen teilnehmen.

Uğur Bıyıklıoğlu ist mit der Praxis der Fußfesseln zufrieden, doch bemängelt er trotzdem, dass ihnen auch finanziell nicht etwas unter die Arme gegriffen wird: „Dieses Gesetz wurde erlassen, um die Gefängnisinsassen zurück in die Gesellschaft zu führen. Wir sind damit zufrieden. Wir wünschen uns sogar, dass deren Anwendung ausgeweitet wird. Wir haben jedoch auch Probleme. Wir arbeiten bei solchen Tätigkeiten ohne Gegenleistung. Ich persönlich muss sogar meine Fahrt zur Moschee aus der eigenen Tasche bezahlen. Da wir Verurteilte sind, stellt uns niemand ein. Ansonsten könnten wir unseren Lebensunterhalt selber verdienen. Wenn das Ministerium auch um solche Probleme kümmern sollte, dann wäre etwas getan, damit sich die Gefängnisinsassen erfolgreich in die Gesellschaft integrieren und nicht mehr zurück in die Gefängnisse gehen.“

Die entsprechende Änderung im türkischen Gesetz erfolgte im April 2012, ein Jahr später trat es in Kraft. Derzeit wird die Zahl der Verurteilten, die aufgrund dieses Gesetzes aus der Haft entlassen wurden und das letzte Jahr ihrer Haft mit Fußfesseln in Freiheit verbringen können, mit 7.000 angegeben. In der Türkei sind die Gefängnisse überfüllt, mit dem neuen Gesetz sollen sie entlastet werden.