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Wirtschaft

Wenn Facebook das Vorstellungsgespräch ersetzt

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Mittelständler können von den neuen Trends im Bewerbungsprozess profitieren und leichter geeignetes Personal rekrutieren. Allerdings gibt es auch Fallstricke, die gerade im Online-Recruiting zu beachten sind. (Foto: dpa)

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Wie kommen Unternehmen und dabei gerade Mittelständler in Zeiten der demografischen Krise und des Fachkräftemangels an geeignetes Personal? Die klassische Bewerbungsmappe vegetiert immer mehr ihrem Ende entgegen.
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Wie kommen Unternehmen und dabei gerade Mittelständler in Zeiten der demografischen Krise und des Fachkräftemangels an geeignetes Personal? Die klassische Bewerbungsmappe vegetiert immer mehr ihrem Ende entgegen. Formalisierte Vertragsanbahnungen von der geschalteten Stellenanzeige über das Vorstellungsgespräch in steifer Atmosphäre oder zweifelhafte Assessment Center sind nicht mehr der zukunftsträchtige Weg, um wirklich motivierte und gute Leute zu mobilisieren und dauerhaft zu begeistern.

Alex Singler von promerit weist in business-on unter anderem darauf hin, dass die Vielzahl an Informations- und Kommunikationsmedien, vor allem im Online-Bereich, Unternehmen und vor allem Human-Resources(HR)-Manager vor ganz neue Herausforderungen stellt. Der Mittelstand habe auf Grund dieser neuen Entwicklung sehr gute Chancen, auch mit großen, bekannten Arbeitgebermarken mitzuhalten, da sich den Mitarbeitern oftmals andere Entwicklungs- und Gestaltungsoptionen bieten als in großen Konzernen mit überwiegend starren Strukturen.

Zahlreiche Studien belegen zudem, so Singler, dass bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers „weiche“ Faktoren, wie etwa kurze Kommunikations- und Entscheidungswege, ein gutes Arbeitsklima, das Realisieren einer angemessenen Work-Life-Balance o.ä., ausschlaggebender sind als typische Attraktivitätsmerkmale wie Vergütungshöhe oder Internationalität.

Über soziale Medien lassen sich neue Mitarbeiter nicht selten auf schnellem und unkonventionellem Wege gewinnen. Die Kommunikationswege sind kürzer, die Atmosphäre ist ungezwungener, wer besonders selbstbewusst ist oder die radikalste Form des Ego-Marketings betreibt, lässt seinen potenziellen nächsten Arbeitgeber oder Geschäftspartner gleich am Livegeschehen auf seiner facebook-Pinnwand teilhaben, was in jedem Fall für Transparenz sorgt – aber die schöne neue Rekrutierungswelt hat auch ihre Tücken.

Ist ein Arbeitszeugnis wirklich aussagekräftiger als eine Empfehlung?

Die sozialen Netzwerke machen es einem heute leicht, das Online-Profil auf Xing, Linkedin, About.me oder Klout durch sogenannte Referenzen zu pimpen. Freunde und Bekannte bescheinigen den Werbern dann per Mausklick Kompetenzen in Sachen Kommunikation, Empathie oder Networking.

Schon seit einiger Zeit kommen hierzulande sogenannte Referenzen oder Empfehlungsschreiben in Mode. Sie stammen ursprünglich aus dem angelsächsischen Raum, wo diese „Letter of Recommendation“ längst Gang und Gäbe sind und damit eine wichtige Lücke in der Bewerbung schließen: Die Einschätzung des Bewerbers durch einen möglichst unabhängigen Dritten.

Noch geben in Deutschland etwa zehn Prozent aller Bewerber geben hierzulande Referenzen an, sagt der Personalberater Claus Peter Müller-Thurau. Er beobachtet jedoch, dass Unternehmen immer häufiger nach Referenzen fragen.

Die digitalen Referenzen machen es da aber keinesfalls besser. Tatsächlich sind solche Empfehlungen für die meisten Personaler völlig wertlos. Erstens, weil das Gros der Fürsprecher etwaige Kompetenzen allenfalls aus der Ferne beurteilen kann, wenn überhaupt. Zweitens, weil diese Empfehlungen oft nach dem Schema ablaufen: Empfiehlst du mich, empfehle ich dich.

Die traditionellen Arbeitszeugnisse, auf die bis dato auch in unseren Breiten gesetzt wird, sind jedoch nicht besser. Meist spiegeln sie lediglich die Chemie zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wider. Ein Chef, der dem scheidenden Mitarbeiter wohlgesonnen ist oder zumindest indifferent, lässt diesen nicht selten das Zeugnis selbst verfassen. Geht das Arbeitsverhältnis in Bitterkeit zu Ende, wird das Zeugnis als Mittel zur Abrechnung genutzt oder ist – dank strenger Auflagen – so phrasiert und codiert, dass sie mehr vernebeln als über die Persönlichkeit und Qualifikation des Bewerbers enthüllen.

Recruiting wird also auf künftig eine Sache des Fingerspitzengefühls bleiben – und in jedem Fall ein Wagnis.